Sydney. Die Britin Jeanne Socrates ist die älteste Weltumseglerin der Geschichte. Auch von ihrer fünften Tour ließ sie sich nicht abhalten.

Am liebsten ist Jeanne Socrates auf ihrem Boot und erkundet die Welt. Als wir miteinander sprechen, kommt die 81-jährige Britin gerade von einem Grillabend. Es ist 21 Uhr in Neuseeland und Socrates wählt sich von ihrem Boot aus ein. Dank Elon Musks Starlink-Satelliteninternet ist sie stets erreichbar.

Das ist nicht selbstverständlich, denn Socrates ist zum fünften Mal mit ihrem Boot auf Weltreise. Vor fünf Jahren schon ist sie mit einer ihrer Touren in die Geschichtsbücher eingegangen – als älteste Seglerin, die die Erde allein und ohne Unterbrechung umsegelt hat. Dieses Mal ist sie bereits seit neun Monaten unterwegs. Den Pazifik hat sie schon überquert, Neuseeland ist nur Zwischenstation, bevor es weiter nach Tonga und Fidschi und später nach Australien geht.

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Da es dieses Mal nicht um einen Weltrekord geht, will die Britin die Reise in einem gemächlichen Tempo zurücklegen. Auf diesem Trip sei ihr bisheriges Highlight gewesen, mit Walen zu schwimmen, meinte sie. Doch grundsätzlich sei „die Umrundung von Kap Hoorn, die ich mittlerweile dreimal alleine gemacht habe, immer etwas ganz Besonderes.“

Britin ist erst mit 48 Jahren zum Segeln gekommen

Socrates ist in jeder Hinsicht eine ungewöhnliche Seglerin. Sie ist mit 81 Jahren nicht nur eine der ältesten „Weltenbummlerinnen“, sie ist auch eine ausgesprochen „späte“ Seglerin. „Ich betrat mit 48 Jahren zum ersten Mal ein kleines Beiboot und einen Windsurfer und habe mich vor allem in das Windsurfing verliebt“, berichtete sie. Ihre Liebe zum Segeln entwickelte sie dann über viele Jahre hinweg – und auch das Selbstbewusstsein, alleine um die Welt zu segeln, kam nicht von heute auf morgen.

Die 81-jährige Britin Jeanne Socrates will mit ihrem Boot zum fünften Mal die Welt umsegeln.
Die 81-jährige Britin Jeanne Socrates will mit ihrem Boot zum fünften Mal die Welt umsegeln. © privat | Privat

„Eine Schülerin fragte mich das zuletzt für ein Schulprojekt“, erzählte sie. „Sie wollte wissen, was für einen Ratschlag ich für junge Mädchen hätte.“ Socrates‘ Antwort: einen Schritt nach dem anderen gehen. „Je mehr klappte, umso mehr traute ich mir zu – viele kleine Schritte, die letztendlich zum Großen führten.“

Socrates, die früher als Mathematik-Dozentin an der Universität und auch als Mathelehrerin an einer Jungenschule arbeitete, sammelte ihre erste Segelerfahrung an der Schule, wo sie begann, die Segelaktivitäten zu organisieren. Im Rahmen dieser kam die Teilnahme an einem sogenannten „Competent Crew“-Kurs zur Sprache, der einem beibringt, wie man sich als Crewmitglied auf einem Boot nützlich macht.

Socrates und auch ihr Mann, ein Universitätsprofessor, machten den Kurs gemeinsam mit den Schülern und genossen die Zeit auf dem Wasser mehr, als sie es sich hätten vorstellen können. „Wenn Sie auf einer Yacht sind und segeln, müssen Sie das Wetter im Auge behalten und über Navigation, Lichter, Markierungen, Gezeiten und Tiefe nachdenken“, erklärt die Britin die Herausforderung. Nebenbei müsse man auf andere Boote achten und Mahlzeiten auch noch bei schlechtem Wetter kochen können.

Dieses Talent hilft beim Segeln

Letztendlich folgte eine Segelprüfung auf die nächste. Socrates studierte Karten, lernte Vorschriften und Navigation. „Wir waren beide mathematisch veranlagt, das hat uns sehr geholfen“, sagte sie. 1997, als ihr fünf Jahre älterer Ehemann in Ruhestand ging und sich auch Socrates entschied, ihre Arbeit an den Nagel zu hängen, kaufte das Ehepaar eine eigene Yacht, um die Welt zu erkunden. Die beiden inzwischen zertifizierten Segler starteten mit einer Skandinavien-Tour und segelten dann in Richtung Portugal und Spanien und weiter ins Mittelmeer.

Kartenlehre, Navigation, Ausrüstung – Segler dürfen nichts dem Zufall überlassen, wenn sie wie Jeanne Socrates allein auf hoher See unterwegs sind.
Kartenlehre, Navigation, Ausrüstung – Segler dürfen nichts dem Zufall überlassen, wenn sie wie Jeanne Socrates allein auf hoher See unterwegs sind. © Shutterstock / Anna Om | Anna Om

Eine Schulterverletzung, die sich ihr Mann beim Skifahren zugezogen hatte, bremste das Paar zeitweise aus, doch als diese ausgeheilt war, beschlossen die beiden Abenteurer, den Atlantik zu überqueren und in die Karibik zu fahren. „Wir genossen die Karibik über mehrere Jahre hinweg und während der Zyklonsaison fuhren wir in die USA“, erinnerte sich Socrates.

Bis heute erinnert sich die heute 81-Jährige, wie sie zum ersten Mal in den Hafen von New York gesegelt ist. Doch dort kam dann – in der Woche vor dem 11. September 2001 – der große Rückschlag. „Bei meinem Mann wurde Krebs diagnostiziert“, berichtete die Britin. Inmitten des Chaos nach dem Terroranschlag in New York eilte das Paar zurück nach England, um die Behandlung zu starten.

81-jährige Seglerin: Hilfe findet sie überall

Obwohl ihr Mann nicht mehr vollkommen gesund werden sollte und sich mit Schmerzen plagte, gelang es ihnen, noch weitere Zeit auf dem Boot zu verbringen, bevor er 2003 letztendlich verstarb. „Ich habe seine Asche dann in Bonaire, in der Nähe von Curaçao und Aruba verstreut“, sagte Socrates. Nach dem Tod ihres langjährigen Partners stand Socrates vor der Entscheidung, wie es weitergehen sollte.

Die gebürtige Britin ist erst mit 48 zum Segeln gekommen. Erst reiste sie gemeinsam mit ihrem Mann. Als er 2003 verstarb, ging sie alleine auf Weltreise.
Die gebürtige Britin ist erst mit 48 zum Segeln gekommen. Erst reiste sie gemeinsam mit ihrem Mann. Als er 2003 verstarb, ging sie alleine auf Weltreise. © privat | Privat

„Ich wollte auf keinen Fall aufhören, auf dem Boot zu sein – ich liebte es, zu segeln, Leute kennenzulernen und Orte zu besuchen.“ Zudem habe sie stets viel Unterstützung von anderen Bootsleuten erhalten. Man sei ein wenig wie eine Familie, man helfe sich gegenseitig und heiße jeden willkommen, sagte sie. Eine Club-Rally in Vancouver gab den Anstoß, den Pazifik mehr zu erkunden und öffnete damit die Tür für eine Weltumseglung.

Ihr Alter stehe ihr bei ihren Reisen um die Welt bisher in keinster Weise im Weg, wie Socrates betont, auch wenn ein Unfall – als sie von ihrem Boot einst von großer Höhe auf Beton stürzte und sich schwer verletzte – sie zwischenzeitlich mehrere Monate zurücksetzte. Grundsätzlich sei ein langes Kupferrohr aus ihrer Werkzeugtasche „ihr bester Freund“.

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Dieser „Hebel“ helfe ihr bei mechanischen Prozessen, für die es ab und zu vielleicht doch mehr Muskeln bräuchte. „Und wenn das nicht ausreicht, frage ich im nächsten Hafen einfach einen jungen Mann um Hilfe“, meinte sie. Jeder sei immer sehr hilfsbereit, wenn man freundlich und mit einem Lächeln frage.