Jena/Erfurt/Altenburg/Nordhausen/Gera. Bis 2024 müssen große Lkw per Gesetz mit elektronischen Abbiegeassistenten ausgerüstet sein. Auch in vielen Thüringer Kommunen ist die Nachrüstung in vollem Gange.

Es ist der Alptraum sowohl für Radler als auch für Lkw-Fahrer: Im engen Stadtverkehr auf dem Drahtesel von einem der der riesigen Sattelzüge übersehen werden und unter die Räder zu kommen. Abbiegeassistenten für Lkw können helfen, solche Fälle zu vermeiden. Sie sind ab Juli in allen neuen Lastwagen 3,5 Tonnen Pflicht, bis 2024 sollen bereits zugelassene Lastwagen nachgerüstet werden. In den Fuhrparks der Thüringer Kommunen ist die Umrüstung deshalb vielerorts schon in vollem Gange.

So etwa beim Kommunalservice Jena, wo Werkleiter Uwe Feige zufolge Neufahrzeuge nur noch mit eingebautem Abbiegeassistenten beschafft würden. Etwa 75 der rund 300 Fahrzeuge im Bestand seien von der Neuregelung betroffen. Diese würden bis 2024 entweder planmäßig ersetzt oder mit Assistenzsystemen nachgerüstet. Nach reiflicher Prüfung habe man sich für ein System entschieden, das die komplette Umgebung des Lkw aus der Vogelperspektive abbilde, weil sie dem Fahrer in vielen Situationen den besten Überblick verschaffe, so Feige.

Auch in Erfurt werden seit 2020 nur noch Entsorgungs- und Straßenreinigungsfahrzeuge mit Abbiegeassistenten angeschafft, wie Ivo Dierbach von den Stadtwerken Erfurt erklärte. Insgesamt seien seitdem sechs neue Fahrzeuge gekauft worden. Zu tun gebe es allerdings noch einiges: Von den 60 Lkw im Fuhrpark der Stadtwerke seien bisher erst sieben nachträglich umgerüstet worden, in den restlichen Fahrzeugen sollen die neuen Systeme nach und nach eingebaut werden.

Bei Müllfahrzeugen in Altenburg gehören Abbiegeassistenten mittlerweile ebenfalls zur Grundausstattung, so der Geschäftsführer von Remondis Sachsen, Robert Dressel. Das Unternehmen hat in Altenburg die Abfuhr von kommunalen Abfällen übernommen. Von insgesamt acht Fahrzeugen sei nur noch eines ohne Abbiegehelfer, dieses werde 2023 ausgetauscht. Auch in Neufahrzeugen der Stadtwerke Nordhausen seien die Systeme seit Anfang vergangenen Jahres serienmäßig vorhanden, sagte Stadtsprecher Lutz Fischer. Eine Umrüstung der Bestandsfahrzeuge sei derzeit aber noch nicht geplant. In Gera ist die Umrüstung einer Sprecherin von Veolia Umweltumweltservice Ost zufolge bereits abgeschlossen, alle Fahrzeuge verfügten bereits über die Assistenzsysteme.

Sicherheit in Jena ist schon viele Jahre ein Thema

Die Pflicht zum Abbiegeassistenten begrüßt Feige, der der Landesgruppe Ost im Verband kommunaler Unternehmen vorsitzt, ausdrücklich: "Grundsätzlich sollte die Investition in Abbiegeassistenten von Kommunen nicht als Belastung wahrgenommen werden, sondern als absolut sinnvolle Investition, die Schlimmeres verhindern kann." Aufgrund Jenas vielerorts beengter Tal-Lage und der vielen Studenten sei die Sicherheit auf den Straßen in Jena schon viele Jahre ein Thema. Aber auch in kleineren Kommunen seien die Assistenzsysteme absolut sinnvoll. In vielen Orten sei das Thema bereits angekommen, aber besonders kleinere Kommunen ohne eigene Fuhrparkverwaltung hätten die neue Pflicht teilweise noch nicht umgesetzt.

Die Zusatzkosten von durchschnittlich 2500 Euro für Assistenzsysteme spielten etwa bei der Anschaffung von Müllfahrzeugen, die mittlerweile mit fast 250.000 Euro zu Buche schlügen, kaum eine Rolle. Umso höher sei der Gewinn an Sicherheit, so Feige. "Das ist nichts im Vergleich dazu, wenn einmal ein Kind von einem abbiegenden Laster erfasst wird."

Erst am Montag hatte der Fahrer eines Sattelzugs in Erfurt beim Abbiegen eine Fahrradfahrerin übersehen. Laut Polizei kam die Frau mit dem Schrecken davon, ihr Fahrrad wurde von dem 15-Tonner jedoch überrollt und komplett zerstört.

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