Berlin. Silvester ist für Hunde eine große Belastung. Was hilft bei Angst? Sollten Sie Beruhigungsmittel geben? Die wichtigsten Antworten.

  • Hund und Silvester: Viele Tiere erleben zum Jahreswechsel den blanken Horror
  • Was tun, wenn Ihr Liebling es mit der Angst zu tun bekommt? Helfen Beruhigungsmittel?
  • Wie Sie Ihrer Fellnase helfen können, erklären wir hier – zusammen mit den Deutschen Tierschutzbund

An Silvester wird es laut in Deutschland. Auch wenn das Feuerwerk für Millionen Menschen hierzulande ein Grund zur Freude ist, treibt es nicht nur den ohnehin völlig überlasteten Rettungsdiensten Sorgenfalten auf die Stirn.

Hundehaltende im ganzen Land blicken mit Sorge auf den Jahreswechsel, denn Lärm und Rauch verängstigen die sensiblen Tiere in vielen Fällen. Hunde nehmen wegen ihres guten Gehörs den Krach viel lauter wahr als Menschen, riechen den Pulverdampf mit ihren feinen Nasen intensiver, können die Eindrücke aber nicht zuordnen.

Das löst oft großen Stress aus, kann in Einzelfällen sogar zu physischen Schmerzen führen. Für viele Hunde ist Silvester nicht weniger als der schlimmste Tag im Jahr, manche sind noch tage später ganz verstört – doch es gibt ein paar Tricks, mit denen Frauchen der geliebten Fellnase durch die Knallerei helfen kann.

Wichtig an Silvester: Lassen Sie den Hund nicht allein

Ihr Hund vertraut Ihnen, Sie sind sein Fels in der Brandung. Gerade in Zeiten großer Angst sollten Sie Ihr Tier also nicht allein lassen, auch nicht für eine halbe Stunde zu Mitternacht. Dabei kommt es ein wenig darauf an, wie viel Angst Ihre Fellnase hat und wie stark das Tier dann nach Nähe sucht.

Bei einer völlig fremden Person sollten Sie Ihren Vierbeiner nicht lassen. Lea Schmitz vom Tierschutzbund rät: "Die Nähe der vertrauten Bezugsperson, sprich von Herrchen oder Frauchen, ist für den Hund am allerbesten." In Ausnahmen können auch Bekannte auf das Tier aufpassen. Das A und O ist aber auch hier: Ihre Fellnase sollte die Person gut kennen und ihr vertrauen. Im Zweifelfall also selbst den Hund hüten.

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Silvester-Feuerwerk: Geräusche dämpfen hilft dem Hund

Auch wenn Sie Ihr Haus oder die Wohnung nicht schalldicht bekommen werden: Dämpfen Sie die Knallerei so gut wie möglich. Schließen Sie Fensterläden, lassen Sie Jalousien herunter und ziehen Sie ihre Vorhänge zu.

Dazu können Sie mit Musik, Radio oder Fernseher zusätzlich für Geräuschkulisse sorgen. Die gehört in den meisten Fällen ohnehin zur vertrauten Umgebung ihres Tieres und sorgt daher an Silvester für etwas mehr Ruhe.

Gerade klassische Musik kann Ihrem Tier helfen, sich zu entspannen, Heavy Metal oder Grunge-Musik sollten Sie dagegen eher abdrehen. Achten Sie dabei auf eine angepasste Lautstärke.

Spezielle Ohrstöpsel oder Kopfhörer für Hunde sind eine Möglichkeit, um Ihrem Vierbeiner etwas Ruhe zu schenken. Das Tragen muss jedoch vorher geübt werden. Einfach Watte in die Ohren zu packen, kann fatale Folgen haben. Sprecherin Schmitz sagt dazu: "Bei Watte besteht die Gefahr, dass diese zu tief ins Ohr hineinrutscht." Und mit einem Tierarztbesuch will weder Hund noch Haltender das neue Jahr starten.

Es knallt, jault und zischt und das über Stunden. Hunde haben keine Ahnung, warum es so laut ist. Das sorgt für zusätzlichen Stress.
Es knallt, jault und zischt und das über Stunden. Hunde haben keine Ahnung, warum es so laut ist. Das sorgt für zusätzlichen Stress. © istockphoto

Bereits vor dem Silvester-Feuerwerk: Hund auslasten und müde machen

Machen Sie Ihren Hund müde, bevor die Knallerei losgeht, also nach Möglichkeit vor Einbruch der Dunkelheit. Drehen Sie eine große Runde, spielen Sie dabei viel mit dem Tier und sorgen Sie für zusätzliche geistige Auslastung, etwa mit Suchspielen oder Verhaltenstraining. Was Ihren Hund gut beschäftigt, wissen Sie selbst am besten. Am Ende wird er froh sein, zuhause etwas Ruhe zu finden.

Da gerade in Großstädten den Tag über schon viel Knallerei stattfinden kann, bietet sich ein Ausflug aufs Land an. Dabei sollten Sie darauf achten, dass Sie Ihren Hund stets an der Leine führen.

Der Verein Tasso zählte beim Jahreswechsel 2021 auf 2022 729 entlaufene Tiere; die Gefahr, dass auch Ihr Tier bei einem unerwarteten Knall erschrickt und Fersengeld gibt, besteht. Nutzen Sie Schleppleinen, dann hat das Tier mehr Bewegungsraum – und kann Ihnen im Zweifelsfall nicht entwischen.

Hier kann es sinnvoll sein, das Tier noch vor Silvester mit einem Transponder am Halsband auszustatten, es chippen zu lassen und es auf Seiten wie Findefix oder Tasso zu registrieren. Sollte Ihr Liebling sich nach einem Knall losreißen und doch entwischen, kann das Tier dann schneller gefunden werden.

Auch Schmitz vom Tierschutzbund rät: "Mit einem Mikrochip kann man zumindest sichergehen, dass man das Tier seinen Besitzern zuordnen kann, wenn es irgendwo aufgegriffen wird und zum Beispiel im Tierheim oder bei einem Tierarzt landet." Lesen Sie hier: Winter: Wie lange Sie mit Ihrem Hund Gassigehen sollten

Für viele Hunde ist Silvester ein Albtraum.
Für viele Hunde ist Silvester ein Albtraum. © Vincent Scherer/istockphoto

Wenn es draußen knallt: Hund an Silvester ablenken

In den eigenen vier Wänden können Sie Ihren Liebling von den apokalyptischen Zuständen da draußen ablenken. Such-, Denk- oder Schnüffelspiele bieten sich auch zuhause an. Die brauchen gegebenenfalls aber etwas Zeit, bis der Hund kapiert hat, worum es geht. Hat Ihr Tier noch keine Erfahrung damit, suchen Sie besser etwas anderes, dass Ihre Fellnase gerne hat. "Ob der Hund sich wirklich ablenken lässt beziehungsweise wie gut dies gelingt, ist letztlich davon abhängig wie groß seine Angst vor den Böllern ist", schränkt Sprecherin Schmitz ein.

Ansonsten können Kauspielzeug oder ein schöner Knochen ebenfalls helfen. Sie haben zusätzlich den Vorteil, dass beim Kauen Hormone freigesetzt werden, die den Hund etwas beruhigen. Gleiches gilt für gefrorene Leberwurst oder Eis. Die beschäftigen das Tier im unter Umständen sogar längere Zeit.

Silvester-Tipp für Hundehalter: Rückzugsorte bieten

Ob Keller, Höhle oder Bettchen: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Hund sich zurückziehen kann, wenn es zu viel wird. Offene Schränke, Transportboxen, Umzugskarton, vieles kann jetzt Sicherheit bieten und Ihrem Tier helfen, die Stresssituation zu meistern.

In so einer Ausnahmesituation wie Silvester darf dass auch ein Ort sein, der normalerweise tabu ist. Wenn Ihr Hund zu Ihnen ins Bett kriecht, verscheuchen Sie ihn nicht. Er sucht Ihre Nähe, weil er Ihnen vertraut und bei Ihnen sein möchte. Was kann es in der Mensch-Tier-Beziehung Schöneres geben?

Nähe ermöglichen und Ruhe bewahren: Das kann an Silvester helfen

Überhaupt gilt: Sucht Ihr Hund Ihre Nähe, dann sollten Sie das zulassen. Streicheln oder auf den Arm nehmen sind erlaubt und verstärken die Angst vor den lauten Geräuschen nicht weiter. Im Gegenteil: Sanfte Berührungen schütten beruhigen Hormone aus, die den Stress lindern. "Sucht der Hund unsere Nähe, sollte man dies natürlich zulassen und ihm so viel Nähe geben, wie er einfordert", erklärt die Sprecherin.

Hilfreich ist es auch, wenn Sie selbst zur Ruhe in Person werden. Strahlen Sie Gelassenheit aus, wird sich Ihr Hund daran orientieren und zumindest keinen weiteren Grund für Unruhe finden. Bedeutet: Übertreiben Sie es nicht mit der Fürsorge, sondern finden Sie das richtige Maß und halten Sie sich an das, was Ihr Hund möchte.

"Viele Tiere verstecken sich lieber unter dem Sofa oder in ihrer Kuschelhöhle." In diesem Fall sollte man sie gewähren lassen und sie nicht mit Nähe und Zuwendung überhäufen. "Dies würde dem Hund vermitteln, dass offensichtlich etwas nicht in Ordnung ist und sein Verhalten und seine Angst bestärken."

Wenn Sie den ganzen Tag hektisch um Ihr Tier herumwirbeln damit auch ja nichts schief geht, erreichen Sie eher das Gegenteil. "Grundsätzlich sollte man sich selbst so normal und ruhig wie möglich verhalten. Das Tier orientiert sich daran und bleibt selbst ruhiger, wenn Herrchen oder Frauchen entspannt sind."

Wenn das nicht hilft, können Sie ein sogenanntes Thundershirt ausprobieren. "Der sanfte und konstante Druck beim Tragen auf den Körper des Tieres kann eine beruhigende Wirkung haben", erklärt Schmitz.

Silvester mit Hund: Wie steht es um Beruhigungsmittel und Alkohol?

Wenn wirklich gar nichts hilft, können angstlösende Medikamente in Betracht gezogen werden – aber nur in Absprache mit der Tierärztin beziehungsweise dem Tierarzt Ihres Vertrauens. Schmitz stellt dabei heraus: "Wichtig ist, dass die Medikamente wirklich die Angst lösen und der Hund nicht einfach nur körperlich nicht mehr in der Lage dazu ist, die Angst zu zeigen." Achten Sie daher auf den Wirkstoff Acepromanzin; steckt der im Medikament, tun Sie ihrem Tier nichts Gutes.

Aus dem selben Grund lehnt der Deutsche Tierschutzbund es auch ab, Hunden Alkohol wie Eierlikör zu geben. Zwar gingen die Meinungen hier auseinander. Aber: Das im Alkohol enthaltene Ethanol wirke nicht angstlösend, sondern sedativ und hypnotisch. "Der Hund erscheint vielleicht weniger ängstlich, weil er dies nicht mehr nach außen zeigen kann, während er im Inneren trotzdem Panik empfinden kann", so die Sprecherin. "Unsere klare Empfehlung is, von Eierlikör und Alkohol generell die Finger zu lassen."

Langfristig: Stresstraining hilft Ihrem Hund auch an Silvester

Sie können Ihren Hund auch darauf trainieren, in Stresssituationen zu einem bestimmten Platz zu gehen, um sich dort zu entspannen. Sie schaffen damit einen persönlichen Safe Space für Ihren Liebling und geben Ihrem Tier ein eigenes Werkzeug an die Pfote, mit dem es sich selbst beruhigen kann. "Man kann im Vorfeld mit dem Hund bestimmte Entspannungssignale trainieren. Der Hund lernt, auf ein bestimmtes Signal hin, seinen Zufluchtsor, zum Beispiel sein Körbchen, aufzusuchen und sich dort zu entspannen.

Bis das erlernt ist, dauert es allerdings eine Weile. In den wenigen Tagen bis Silvester ist das nicht zu schaffen, aber fürs nächste Jahr eine gute Idee. Hilfestellung bieten Veterinäre. "Bei verhaltensmedizinisch tätigen Tierärzten kann man sich auch in Sachen Trainingsmethoden beraten lassen", sagt Sprecherin Schmitz. Wenn Sie mit dem Training jetzt starten, ist Ihre Fellnase für nächstes Jahr gut gerüstet.