Sibylle Göbel über neue Wege heraus aus der Pandemie.

Der elektronische Impfpass kommt. Und Thüringen –
Corona-Hotspot und Impf-Primus zugleich – ebnet ihm mit einem Pilotprojekt den Weg.

Für diejenigen, die ohnehin längst vieles mit dem Smartphone erledigen, ein überfälliger Schritt. Erst recht vor dem Hintergrund, dass es seit Jahresbeginn auch die elektronische Patientenakte gibt. Angesichts der Vorzüge des Nachweises werden sich bei dieser Gruppe zudem datenschutzrechtliche Bedenken in Grenzen halten: Einfach das Handy zücken, sobald es in den Flieger oder ins Restaurant geht – das ist unkomplizierter, als erst den papiernen Impfausweis hervorzukramen.

Doch ob nun elektronischer oder analoger Pass: Viel entscheidender ist die Frage, was den Staat oder Unternehmer die Gesundheit und der Impfstatus der Bürger eigentlich angehen.

Werden in Zukunft durch solche „Grenzkontrollen“ Menschen von Bereichen des täglichen Lebens ausgeschlossen, nur weil sie sich nicht impfen lassen wollen oder können? Und darf bald jeder, der eine Leistung anbietet, ein Zertifikat einfordern, das damit den Charakter eines Passierscheins bekommt?

Dann hätte die Pass-Pflicht für Corona eine neue, eine viel weitreichendere Dimension. Dann wäre sie nur der erste Schritt hin zu einem Gemeinwesen, in dem Teilhabe von gesundheitlichen Parametern abhängt. Das aber würde am Gleichheitssatz im Verfassungsrecht rühren.

Die Pflicht zur Masernimpfung, die seit März 2020 für Kinder gilt, ist da übrigens anders zu bewerten: Zwar führt auch hier der Weg in Kita und Schule nur über den Impfnachweis. Der Unterschied zu Corona ist jedoch, dass diese Krankheit vor allem jene gefährdet, die sich selber nicht schützen können: die Kinder.