Axel Eger zum Rücktritt von Marcel Kittel.

Nicht nur Thüringen verliert ein Aushängeschild, es ist der deutsche Sport überhaupt, der Radsport sowieso. Marcel Kittel, der Modellathlet aus Arnstadt, war ein Ausnahme-Pedaleur. 14 Etappensiege bei der Tour de France – das macht ihm so schnell keiner nach.

Nun der Rücktritt, an dem weder der Fakt an sich noch der Zeitpunkt überraschen. Er ist nur das logische Echo jenes Paukenschlags aus dem Frühjahr. Die Trennung vom Team Katusha, die selbst auferlegte Pause und nach Dutzenden Jahren der erste Sommer ohne Rennen wurden zum äußeren Indiz einer schmerzlichen inneren Gewissheit: die Form ist weg. Mit 31, dazu als künftiger Familienvater, wäre es fraglich geblieben, ob der Kopf ihm tatsächlich noch einmal den explosiven Schneid des Siegers und den Mut für den waghalsigen Weg in die kleinsten Endkampf-Lücken erlaubt hätte.

Den richtigen Zeitpunkt des Absprungs zu treffen, fällt vielen schwer. Kittel, als Sprinter ein Mann der schnellen Entscheidungen, hat ihn noch erwischt. Geleitet haben dürften ihn jene Einsichten, die er kürzlich erst offenbarte. Er sprach von der Härte seines Sports, vom Druck, der auf den Topfahrern laste und davon, wie viel man investieren müsse. Immer wieder, Jahr für Jahr.

Das Gleichgewicht ist existenziell für einen Radsportler. Marcel Kittel hat seine innere Balance nicht verloren. Sie liegt inzwischen nur woanders. Gesprintet ist er genug. Jetzt fühlt er sich bereit für den langen Atem des Lebens.