Marco Alles über den Start von Rot-Weiß Erfurt und Nebengeräusche.

Es weht ein Hauch von großem Sport durch die schmucke Anlage am Ostpreußendamm. Die blaue Laufbahn, die das Hauptspielfeld umgibt, erinnert an die berühmte Schwester im benachbarten Olympia­stadi­on, wo am Wochenende die deutschen Meister in der Leichtathletik gekürt werden. Und die Galerie an der Wand des Casinos zeugt von den drei deutschen Meistertiteln, die Viktoria Berlin einst errungen hat (1894, 1908, 1911).

Tradition verpflichtet. So beheimatet der Verein aus Lichterfelde heute eine der größten Fußball-Abteilungen Deutschlands. Über 1600 Mitglieder in mehr als 60 Mannschaften tragen das „V“ auf der Brust; das Reservoir an Talenten ist enorm. Und so mischen sich auch zahlreiche Nachwuchskräfte am Samstag unter die Besucher.

Laut Viktoria-Trainer Benedetto Muzzicato sahen sie „ein Spiel zweier guter Mannschaften, in dem wir in der ersten Halbzeit Glück hatten“. Ein Kompliment, das die Erfurter sicher nicht trösten konnte. Wie Nordhausen auch, hatten sie sich einen erfolgreichen Einstand vorgenommen – und wirkten entsprechend ernüchtert. Die Reaktionen reichten von Wut bis Ratlosigkeit; die 90 Minuten im Berliner Süden lassen erahnen, wie zäh die gesamte Saison verlaufen wird.

Doch wie in der jüngeren Vergangenheit eigentlich immer korrelieren beim FC Rot-Weiß die sportlichen Baustellen mit den Problemen abseits des Rasens. So bemühten sich Ende letzter Woche auswärtige Fans vergeblich um Karten für das erste Heimspiel an diesem Mittwoch. Tagestickets gab es aber in der Geschäftsstelle noch nicht – sechs Tage vor dem Anpfiff. . . Auch so kann man Zuschauer vergraulen.

Dass der Verein juristisch ge­gen seinen Hauptsponsor vorgeht, sucht ebenfalls seinesgleichen. Konfrontation statt Kommunikation ist ei­ne Strategie, die nicht gut gehen kann. Und irgendwie wirkt die Klage so, als würde ein Schiffbrüchiger seinen Lebensretter anzeigen. Nur, weil dieser über die weitere Route Bescheid wissen will. Ein Unding.