Axel Eger über Tönnies, Chemnitz und die ARD.

Der Ehrenrat hatte das letzte Wort im Fall Tönnies noch nicht gesprochen (das erledigte der Delinquent am Ende gleich selbst), da erlaubte sich die ARD einen veritablen Fehltritt. In ei­nem tendenziösen Tagesthemen-Kommentar nahm Chefredakteur Kai Gniffke den Schalker Aufsichtsratsvorsitzenden verbal derart innig in den Arm, dass es fassungslos machte. Ein bisschen Altherren-Geschwätz, etwas Sprüche-Klopferei, so Gniffke, aber alles halb so schlimm.

Die Argumentation könnte verheerender nicht sein.

Denn sie stellt sich nicht nur anbiedernd vor Tönnies, sondern macht dessen Entgleisungen nun auch von höchster medialer Stelle aus salonfähig. Man würde die echten Rassisten verharmlosen und Grenzen verschwimmen lassen, wenn man jeden Biedermann wie Tönnies so benennt, glaubt Gniffke.

Das Gegenteil ist der Fall.

Hier im Kostüm des Altherrenwitzes, dort im Kleid des applaudierenden Schenkelklopfers, aktuell sogar im Dortmunder Trikot – dank Leuten wie Tönnies, der sich keinesfalls unbedacht geäußert hatte, schleicht der Rassismus durch immer mehr offene Türen in die Mitte der Gesellschaft.

Wie man das Problem anpackt, hat der Chemnitzer FC vorgemacht. Der Drittligist hatte seinen Kapitän Daniel Frahn beim Spiel in Halle auf den Zuschauerrängen entdeckt – inmitten von Mitgliedern der rechtsradikalen Szene. Zwei Tage später bekam der Torjäger, der schon im März mit einem umstrittenen T-Shirt aufgefallen war, die Kündigung in die Hand.

Es müsste mehr Chemnitz geben. Im Fußball, anderswo, überall.