Marco Alles über den Süle-Ersatz in der Nationalelf.

So ärgerlich der Ausfall von Niklas Süle bei der Neuformierung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist; er bietet Joachim Löw auch eine Chance. Eine Chance, Größe zu zeigen. Und Mats Hummels zurückzuholen.

Wen auch sonst?

Süle wird die Europameisterschaft im Juni 2020 bei optimalem Heilungsverlauf bestreiten können. Doch ihm fehlen dann monatelange Spielpraxis und die nötige Wettkampfhärte. Ein enormes Risiko, wenn es gegen die besten Stürmer des Kontinents und um die Rehabilitation für die WM-Blamage im vergangenen Jahr geht.

Löw muss reagieren – und vor allem geschickt moderieren. Er kann sich der Hummels-Debatte nicht mehr entziehen. Jede gelungene Aktion des Dortmunders in den nächsten Wochen wird dem Bundestrainer brühwarm serviert werden. Vermutlich hat er das vorschnelle Aus seines langjährigen Abwehrchefs längst bereut. Hintertüren lässt man sich für genau solche misslichen Situationen offen.

Gilt das Leistungsprinzip, kommt Löw nicht an Hummels vorbei. Kein anderer deutscher Innenverteidiger besitzt die Erfahrung und Klasse wie der 30-Jährige. Kein Antonio Rüdiger und kein Jonathan Tah, die allenfalls mit Physis beeindrucken können. Kein Matthias Ginter und kein Emre Can, der nicht nur aufgrund seines Fauxpas‘ in Estland allenfalls eine Notlösung ist. Und auch kein Niklas Stark und kein Robin Koch, die auf internationalem Terrain noch Lehrlinge sind.

Hummels hat immer betont, trotz des Trennungsschmerzes vom Frühjahr für das Nationalteam bereitzustehen, wenn Not am Mann ist. Dieser Fall ist nun eingetreten. Löw könnte ihn reaktivieren, ohne sein Gesicht zu verlieren. Falls er nicht von falschem Stolz geleitet wird.