Marco Alles über das Desinteresse am DFB-Team.

Die Bolzplätze der Nation sind nicht selten ein geeigneter Seismograf für die Fußball-Stimmung im Lande. Dort wimmelt es von kleinen Ronaldos und Messis; der rote Liverpool-Dress ist angesagt, Reals königliches Weiß sowieso. Und nicht wenige tragen stolz das Shirt ihres Heimatvereins. Nur das Nationaltrikot scheint seinen Reiz verloren zu haben. Man muss schon ganz genau hinschauen oder lange suchen, um es im Potpourri der Farben einmal zu entdecken.

Auch der Besucherschwund bei den Länderspielen zeugt vom gesunkenen Interesse am DFB-Team. Noch nie zog es in der 13-jährigen Ära Löw so wenige Zuschauer wie 2019 ins Stadion. Im Durchschnitt sind dies 37.000. Eine Zahl, die im Vorverkauf für das EM-Qualifikationsspiel an diesem Samstag gegen Weißrussland nicht annähernd erreicht wurde. Und das in Mönchengladbach, der Stadt des momentanen Bundesliga-Tabellenführers. In einer Region also, die derzeit richtig viel Spaß am Fußball hat.

Die Ursachenforschung für die Fan-Rezession hat längst begonnen: Sind es noch immer die Nachwirkungen vom blamablen WM-Aus 2018? Zu späte Anstoßzeiten? Überteuerte Tickets? Oder aktuell das miese November-Wetter? Vermutlich von allem ein bisschen; aber eines ganz besonders: Der Nationalelf ist es nicht gelungen, Aufbruchstimmung zu erzeugen.

Der lauthals proklamierte Neubeginn wurde trotz des jungen Personals auf dem Platz nicht sichtbar. Die oft vermisste Fannähe ist weder durch ein paar öffentliche Trainingseinheiten noch gelegentliche Schulbesuche allein wiederherzustellen. Und so lange der Abwärtstrend schöngeredet wird (Manager Bierhoff: „Mit 90 Prozent Auslastung wären die meisten Bundesligaklubs zufrieden“), braucht man sich beim DFB über die fehlende Begeisterung nicht zu wundern.