Marco Alles über den Hamburger SV.

In den schmerzhaften Momenten kennt die virtuelle Welt genauso wenig Gnade wie die reale. Nur Minuten, nachdem am Sonntag der Nichtaufstieg des Hamburger SV besiegelt war, avancierte eine hämische Feststellung zum viralen Hit im Netz: „Auch mal schön für den HSV, dass er in dieser Saison ohne Relegation die Klasse gehalten hat“, hieß es darin. Und die Liste derjenigen, denen das gefiel, wurde lang und länger.

Die Schadenfreude ist groß. Wer einen Etat von 30 Millionen Euro und damit doppelt so viel Geld wie das Gros der anderen Fußball-Zweitligisten verprasst, muss sich darüber nicht wundern. Dass jetzt Investor Kühne zum Rundumschlag ausholt, war ebenfalls zu erwarten. Die erneute Runde in der Zweitklassigkeit trifft den Verein hart, weil dessen Selbstverständnis gefühlt noch immer zwischen Europacup-Sieg und Meisterträumen angesiedelt ist.

Doch die Realität ist eine andere: Zur Winterpause Spitzenreiter und auf Bundesliga-Kurs stürzte der HSV beispiellos ab und rangiert in der Rückrundentabelle auf Abstiegsplatz 16. Zuletzt blieb das Team neunmal in Folge sieglos. An Unterstützung kann es nicht gemangelt haben: Fast 50.000 Zuschauer kamen stets zu den Heimspielen; darunter viele aus Thüringen, wo es – vom Altenburger Land bis ins Eichsfeld – neun offizielle Fanclubs gibt. An Strahlkraft hat der HSV nichts eingebüßt.

Dafür ist die Fehlerkette der Verantwortlichen umso länger. Die Mannschaft blieb den Beweis schuldig, eine zu sein. Jeder war sich selbst der Nächste – allen voran Verweigerer Holtby. Trainer Wolf war mit der Situation überfordert. Keine seiner taktischen Veränderungen und personellen Umstellungen griff. Und die sportliche Führung wirkte nicht minder ratlos.

Vielleicht sind die drastischen Einsparungen, die der Club nun vornehmen muss, mehr Segen als Schmerz. Denn dadurch wird der HSV zu einem wirklichen Neuanfang gezwungen.