Hanno Müller über den Balanceakt bei der Coronavirus-Bewältigung.

Die Warnrufe und Appelle reißen nicht ab. Die Politik kann gar nicht so schnell Unterstützung zusagen, wie sie in Zeiten von Corona allenthalben gebraucht wird. Firmen, Kultureinrichtungen, Solo-Selbständige – in vielen Bereichen geht die Angst um vor Kollaps oder Ruin.

Die Krankenhäuser sind davon nicht ausgenommen. Auf sie kommt in den nächsten Tagen und Wochen eine Herkulesaufgabe unvorstellbaren Ausmaßes zu. Bilder aus Italien von Lkw-Konvois mit den Särgen der Verstorbenen brennen sich ein ins Bewusstsein. Eine Katastrophe dieses Ausmaßes in Deutschland unbedingt zu verhindern, darf nichts unversucht bleiben, nichts zu teuer sein.

Die Krankenhäuser bereiten sich darauf vor, Tausende Leben zu retten. Das kostet Geld. Corona wird zum finanziellen Balanceakt. Auf der einen Seite werden Notfallkapazitäten massiv aufgestockt und hochgerüstet, um möglichst viele schwerstkranke Virus-Opfer behandeln zu können. Auf der anderen Seite fahren herkömmliche Klinikbereiche die Kapazitäten herunter. Der Preis dafür ist hoch. Häuser könnten in die Insolvenz rutschen, weil ihnen weil ihnen so wichtige Einnahmen wegbrechen.

Das Ganze hat einen faden Beigeschmack. Seit Jahren beklagen Klinikträger deutlich zu niedrige staatliche Investitionsförderungen. Die sind eigentlich Teil der dualen Klinikfinanzierung, wurden aber zuletzt immer weiter zurückgefahren. Auch wegen dieses Sparkurses haben viele Häuser jetzt kaum Reserven. Der Eindruck, die Fokussierung auf die Bekämpfung des Virus könnte zur Bereinigung bei Klinikbetten oder ganzen Häusern führen, ist fatal.

Gerade jetzt kommt es auf Solidarität an. Krebs, Diabetes oder Schlaganfälle machen keine Pause. Unfälle müssen versorgt werden. Während die einen sich auf die Bewältigung der Pandemie konzentrieren, können die anderen ihre Kraft in die alltägliche Gesundheitsversorgung stecken. In einem solchen Gesundheits- und Kliniksystem darf kein Patient Angst haben, dass er hinten runter fällt.