TA-Chefredakteur Jan Hollitzer über das Massensterben der Bäume.

Es ist beklemmend, wenn man derzeit durch unsere Wälder streift. Mir ging es sehr nahe, als ich im Hainich mit einer Drohne das Titelbild für unser heutiges Schwerpunktthema fotografierte. Aus der Luft wird das Ausmaß der Katastrophe noch deutlicher.

Gespenstisch, traurig, ja fast unwirklich erscheint das Massensterben der Bäume. Aber es ist wirklich und hat seinen Höhepunkt noch nicht erreicht. Die Trockenheit hält an und der Borkenkäfer vermehrt sich weiter massenhaft.

Tote Fichten bei Berka vor dem Hainich mit einer Drohne fotografiert.
Tote Fichten bei Berka vor dem Hainich mit einer Drohne fotografiert. © Jan Hollitzer

Die Folgen des Klimawandels und der fortschreitenden Erderwärmung sind fast überall in unserer Heimat sichtbar. Millionen tote und kranke Bäume, die sich nicht mehr gegen Schädlinge wehren können. Ihre Feinwurzeln sterben ab. Es fehlt Feuchtigkeit für die Produktion des wehrhaften Harzes. Pilze und andere Schädlinge dringen ins Holz ein.

Der Anblick macht tief betroffen. Dabei steht der Baum sinnbildlich für das Leben. Er spendet Leben. Er ist Grundlage für das Leben. Wie auf dem Bild ragen die abgestorbenen Fichten jetzt aber wie erstarrte graue Riesen zwischen grünen Laubbäumen empor. Im Hainich sterben jedoch nicht nur die vom Borkenkäfer befallenen Nadelbäume. Großflächig haben Buchen der Trockenheit nichts mehr entgegenzusetzen. Auf einen Quadratmeter fehlen etwa 400 Liter Wasser. Zum Vergleich: In eine Badewanne passen etwa 120 bis 150 Liter.

Nach Einschätzung von Thüringenforst-Chef Volker Gebhardt ist die Lage von „höchster Dramatik“. Aktuell wird ein Ausfall von drei Millionen Festmetern Fichte prognostiziert. Das sind bis zu sechs Millionen Bäume und ist eine Verdreifachung der Annahme aus dem Vorjahr. Bei Buchen sind es 500.000.

Diese angepasste Prognose von Ende Juli kann sich sogar noch weiter verschlechtern. Denn der „Hauptzugang“ des Borkenkäfers steht noch bevor. Nämlich dann, wenn sich sämtliche Generationen im August nochmals reproduzieren. Im Oktober rollt die nächste Borkenkäferwelle über unsere Wälder. Schon im Mai betrug der Befall das 46-fache von der Erhebung im Mai 2018. Ein Pärchen reicht, um in einem Jahr etwa 150.000 bis 170.000 Nachkommen zu zeugen.

Bei den Buchenwäldern rechnet Volker Gebhardt in einigen Gebieten Thüringens wie der westlichen Hainleite mit einem „Totalausfall“. Auch für Teile des Naturerbes Hainich nimmt er dies an. Im gesamten Hainich sind momentan ein Drittel des Altbuchenbestandes „schwerst geschädigt“. Am Possen sieht die Lage ähnlich aus, wie auch in der Wartburgregion um Eisenach und vielerorts anderswo.

Welche Maßnahmen ergriffen werden, welche Baumarten wir künftig in unseren Wäldern finden könnten und wie private Besitzer unterstützt werden –

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Das Thema Wald wird uns leider erhalten bleiben. Denn selbst wenn es dieses Jahr noch ausreichend regnet, rechnen Experten 2020 mit bis zu zwei Millionen durch Borkenkäfer befallene Fichten.

Wälder, wie wir sie in Thüringen kennen und lieben, wird es so bald wohl nicht mehr geben.