Markus Stelle zum Gezerre um die Grundrente.

Ein „echt gutes Gesamtpaket“, lobt CDU-Landeschef Mike Mohring die Grundrente, „ein achtbares Ergebnis“, findet sein SPD-Kollege Wolfgang Tiefensee. Das überrascht kaum. Beide haben am Kompromiss mitverhandelt, das monatelange Gezerre hautnah erlebt. Ein bisschen Schulterklopfen sei ihnen gegönnt. Einerseits.

Andererseits: Wie groß muss der Verdruss hinter dem Eigenlob sein? Fast verzweifelt drängten beide, Mohring und Tiefensee, die Berliner Koalitionsspitzen in den Tagen vor der Thüringer Landtagswahl dazu, sich endlich zu einigen. Vergeblich. Jetzt stehen zwei zerknirschte Wahlverlierer da, verlieren pflichtbewusst warme Worte – und müssen doch zur Kenntnis nehmen, wie egal dem Berliner Politikbetrieb die Nöte der Thüringer Provinzfürsten ist.

Wäre dem Land das Wahl-Patt erspart geblieben, wenn der Streit um die Grundrente eher beigelegt worden wäre? Man mag daran zweifeln. Das Thüringer Wahlergebnis hat viel mit der Polarisierung im Land zu tun, mit Lehrermangel, Fremdenangst, dem Sterben der Dörfer. Doch dass die krachenden Niederlagen von SPD und CDU auch aufs Konto der großen Koalition im Bund gehen, ist nicht zu leugnen.

Diese Koalition mag besser sein als ihr Ruf. Doch mit dem verbissenen Streit um die Grundrente wurde sie ihrem miserablen Ruf einmal mehr gerecht. Während niemand ernsthaft in Frage gestellt hat, dass Menschen, die 35 Jahre und mehr geschuftet haben, eine Rente über dem Existenzminimum verdient haben, verkeilte sich die Groko in gegenseitigem Misstrauen. Glaubte die SPD wirklich, die Union würde die Steuermilliarden mit der Gießkanne verteilen? Erkannte die Union nicht, wie zynisch das Gerede von der millionenschweren Arztgattin angesichts der drohenden Altersarmut in ostdeutschen Plattenbauvierteln wirken muss? Am Ende steht ein pragmatischer Kompromiss, von dem man sich fragt: Musste das so lange dauern? Erst recht als Thüringer Wahlkämpfer.

Grundrenten-Kompromiss stößt in Thüringen auf gemischte Reaktionen