Martin Debes über die rot-rot-grünen Verhandlungen.

Langsam nimmt die nächste Landesregierung Konturen an. Sie dürfte, das ist keine Überraschung mehr, aus Linke, SPD und Grünen bestehen – und erstmals seit der Wiedergründung Thüringens keine Mehrheit besitzen.

Sie wird, wieder einmal, ein Experiment sein.

Aber es ist das Experiment mit den geringsten Risiken. Alle anderen Minderheitsvarianten wirken noch fragiler. Und auf eine Mehrheitsvariante unter Beteiligung der Linken wollen sich weder CDU noch FDP einlassen – genauso wenig wie vernünftigerweise auf eine Regierungsbeteiligung der AfD.

Mag sein, dass sich CDU und FDP an diesem Dienstag nochmals mit der SPD treffen und später erneut mit den Grünen: Doch dabei wird es endgültig nur noch darum gehen, wie die beiden Parteien nach der Wiederwahl des Ministerpräsidenten namens Ramelow an der Macht beteiligt werden.

Denn ohne die Opposition kann es nicht funktionieren, das besagt schon die einfache Mathematik. Doch wie genau, das weiß bislang keiner. Auf einen echten Koalitionsvertrag verzichten Linke, SPD und Grüne deshalb lieber: Warum sollten sie etwas versprechen, von dem sie nicht wissen, ob sie es halten können?

Außerdem muss die künftige Minderheitskoalition zunächst für sich einige zentrale Fragen der inneren Mechanik klären. Sollen die Regierungsfraktionen immer gemeinsam im Landtag votieren oder können sie sich Mehrheiten suchen? Muss das Abstimmungsverhalten im Bundesrat Konsens bleiben? Und dann, natürlich: Wer bekommt welches Ressort?

Das Experiment, begänne es im Februar, könnte schon nach einem Jahr wieder enden. Falls der rot-rot-grüne Entwurf für den Haushalt 2021 im Landtag scheiterte oder gar von der Mehrheit aus AfD, CDU und FDP stark verändert beschlossen würde, wäre alles vorbei.

Doch vorher sollte niemand in Thüringen über Neuwahlen nachdenken. Im Unterschied zum Bund, wo jetzt das Ende hoffentlich eingeleitet wird, hat man es hier ja noch nicht einmal probiert.