Martin Debes über eine absurde Situation im Landtag.

Da sitzt eine Abgeordnete für die FDP im Thüringer Landtag, obwohl sie schon vor Monaten den Austritt aus der Partei erklärte. Das heißt, später sagte sie, sie ließe nur ihre Mitgliedschaft ruhen.

Aha.

Jetzt aber hat Ute Bergner sogar eine neue Partei mitgegründet, die bei der Landtagswahl gegen die FDP antreten will. Oder präziser: Die Abgeordnete leitete die Wahl des Vorstands der „Bürger für Thüringen“; sie selbst trat nicht in die Partei ein. Gleichzeitig ließ sie sich aber schon mal als künftige „parteilose Spitzenkandidatin“ der „Bürger für Thüringen“ ausrufen.

Und was sagt dazu Thomas Kemmerich, der Landes- und Fraktionschef der FDP? Schmeißt er Bergner aus der Fraktion?

Aber nein doch. Die Abgeordnete, sagt er, sei ja immer noch formal Mitglied seiner Partei. Und so lange sie keiner anderen Partei angehöre oder auf keiner konkurrierenden Wahlliste stehe, gebe es „keine Notwendigkeit zum Handeln“.

Nun hat der Ministerpräsident a. D. nebst seinen Liberalen in diesem Jahr bekanntlich schon sehr spezielle Beiträge zur Geschichte der Bundesrepublik geleistet. Insofern ordnete sich der Umstand, dass die designierte Spitzenkandidatin der Konkurrenz in der Fraktion sitzt, da fast harmonisch ein.

Zumal, Kemmerich hat seine Gründe. Scheidet Bergner aus der FDP aus und wird fraktionslose Abgeordnete, verfügt die Partei nur noch vier Abgeordnete im Landtag. Sie verlöre ihren Fraktionsstatus – und damit Mitarbeiter, Zuschüsse, Rechte. Die FDP würde vor dem Wahlkampf nochmals empfindlich geschwächt – und ihr, nun ja, nicht ganz unumstrittener Vorsitzender stünde ziemlich dumm da.

Ute Bergner hat ebenso ein Interesse an dem parteienrechtlich zweifelhaften Arrangement. Auch sie ist als FDP-Abgeordnete wahrnehmbarer und kann über mehr Ressourcen verfügen.

Am Ende ist es also ein Geschäft um Einfluss, Macht und Geld. Das soll in der Politik vorkommen. Doch so ungeniert, unverfroren und ungefiltert wird es selten dem Souverän vorgeführt.

FDP-Abgeordnete will neu gegründete Konkurrenzpartei in Landtag führen