Kai Mudra über den Wunsch nach politischer Sicherheit.

Stabile demokratische Verhältnisse, das wünschen sich die meisten Thüringer. Den Weg dorthin sehen sie in Neuwahlen.

Die Regierungskrise nach der umstrittenen Wahl von Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD sowie seine Amtsübernahme und der alsbaldige Rücktritt haben viele im Freistaat verunsichert. Die aktuelle Situation zeigt, wie schnell sicher Geglaubtes ins Wanken gerät oder unüberlegte Experimente zum Boomerang werden.

Die seit der Wahl am 5. Februar anhaltenden Proteste erreichten am Samstag in Erfurt ihren vorläufigen Höhepunkt. Tausende aus dem gesamten Bundesgebiet demonstrierten für eine demokratische und soziale Gesellschaft, gegen Hass, Ausgrenzung und Rassismus. Das Gros von ihnen wünscht sich Bodo Ramelow von der Linken als Übergangsregierungschef.

Für eine sofortige Auflösung des Landtags sind die mindestens notwendigen 60 Stimmen derzeit nicht in Sicht. Zudem würde allein das schnelle Auflösen die Regierungskrise nicht beenden. Bis zu den Neuwahlen dürfen 70 Tage vergehen. Danach müsste sich der Landtag konstituieren und erst dann könnte der neue Ministerpräsident gewählt werden. Vier, fünf Monate dürften bis dahin locker ins Land gehen. Eher deutlich mehr Zeit, sollten schwierige Koalitionsverhandlungen folgen.

Dabei müsste die Regierung spätestens im Sommer den Haushalt 2021 beraten, um den Etat im Herbst dem Landtag vorzulegen. Denn nur dann wäre Geld für die Kommunen, zur Förderung der Wirtschaft, der Kultur, für soziale Projekte, aber auch den Straßenbau oder die Bahn vorhanden.

Bodo Ramelow versucht deshalb erneut, die CDU dafür zu gewinnen, ihn doch zu wählen, um gemeinsam den Haushalt 2021 zu erarbeiten und zu beschließen. Danach verspricht er Neuwahlen.

Ein anderer Regierungschef ist für die Linke derzeit undenkbar. Sie ist die größte Fraktion und beharrt auf Ramelow. Doch es fehlen Mehrheiten. Vielleicht gerät deshalb auch dieses Dogma im Interesse des Landes noch ins Wanken.