Martin Debes über das wieder arme Thüringen.

Für fast ein Jahrzehnt war Thüringen gefühlt reich. Seit dem Ende der großen Finanzkrise erwirtschaftete das Land dank der Hochkonjunktur immer höhere Überschüsse.

Dass die rot-rot-grüne Koalition die jährlichen Planausgaben um zwei Milliarden auf mehr als elf Milliarden Euro erhöhte, störte höchstens den Rechnungshof und andere notorische Bedenkenträger. Denn weil die Einnahmen ja immer noch schneller stiegen und viele Investitionen gar nicht umgesetzt werden konnten, war am Ende immer wieder Geld übrig.

Und so tilgte ausgerechnet die einzige linksgeführte Landesregierung der Republik mehr als eine Milliarde Euro der Altschulden, die frühere CDU-Regierungen seit 1990 angehäuft hatten. Nebenher wuchs die Rücklage auf satte
1,8 Milliarden Euro.

Doch das ist vorbei. Schon vor der Corona-Pandemie schwächelte die Konjunktur. Nun ist sie eingebrochen – und mit ihr fehlen allein in diesem Jahr eine Milliarde Euro an Steuereinnahmen. Gleichzeitig leert sich die Reserve mit den beschlossenen Soforthilfen und Kommunalzuschüssen.

Der Konsequenz ist dieselbe wie im Bund und anderen Ländern: neue Schulden. Die Frage, die gerade die Koalition zerteilt, ist jedoch: Wie viele Kredite sollen es sein?

Die Verführung ist groß. Die Pandemie besitzt historische Dimensionen – und zumindest für den Staat gibt es bei den Banken das Geld quasi umsonst. Außerdem wird im nächsten Jahr schon wieder gewählt, was Politiker immer dazu verleitet, besonders spendabel zu sein. Auch deshalb übertreffen sich die Minister, Parteien und Fraktionen gerade gegenseitig mit Konjunkturprogramm-Fantasien.

Doch das ändert nichts daran, dass Thüringen wieder ziemlich arm ist. Jetzt wird sich also zeigen, ob die zunehmend zerrüttet wirkende Koalition auch in schlechten Zeiten einen seriösen Etat aufstellen kann, der dann – das ist der Preis der Minderheitsregierung – am Ende sogar die Zustimmung von Teilen der Opposition findet. Der Haushalt wird zum Härtetest.