Ingo Glase über den sozialen Aspekt der Wehrdienstdebatte.

Als die Wehrpflicht im Jahr 2011 abgeschafft wurde, leisteten rund 100.000 junge Männer Wehrersatzdienst. War das anfangs eine streng geprüfte Gewissensentscheidung, die Mut erforderte –
vor allem in der DDR, die den sogenannten Bausoldaten das Leben für immer schwer machte – ,
konnten sich später die Jugendlichen ziemlich frei dafür entscheiden. Die Freundin spielte dabei ebenso eine Rolle wie das neue Motorrad.

Doch aus welchen Gründen auch immer junge Männer zum Zivildienst antraten, sie erwiesen der Gesellschaft damit einen ebenso großen Dienst wie ihre uniformierten Altersgenossen.

Die Entscheidung, nicht zur Armee, sondern in Pflegeheime oder Krankenhäuser zu gehen und dort sogar länger zu dienen als in der Armee, verlangt Respekt. Erst spät wurden die Dienstzeiten angeglichen.

Doch während die Bundeswehr noch genügend Personal rekrutieren kann, hinterließ das Ausbleiben der Zivildienstleistenden eine riesige Lücke, die weder mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr noch mit dem Bundesfreiwilligendienst geschlossen werden konnte. Das Beispiel von der knapp 80-Jährigen in Ostthüringen, die als „Bufdi“ älter war als die zu pflegenden Heimbewohner, spricht Bände.

Natürlich würden sich Wohlfahrtsverbände und Hilfsdienste über neue Zivildienstleistende freuen, doch die gerade erst in Gang gekommene Debatte über eine neue Wehrpflicht scheint schon wieder abzuflauen. Und statt einen neuen sozialen Zwangsdienst einzuführen, der nicht mehr so recht in unsere freie Gesellschaft zu passen scheint, sollten alle vorhandenen Möglichkeiten attraktiver gemacht werden.
An erster Stelle die Berufe in der Pflege. Sich unter den aktuellen Umständen dafür zu entscheiden, ist auch eine Gewissensentscheidung.