Hanno Müller über unbelehrbare Politiker.

Sie waren sich so sicher. Mit kraftstrotzender Siegesgewissheit zogen die rot-rot-grünen Koalitionäre in Thüringen Anfang Februar in eine Ministerpräsidentenwahl, die im überregionalen Desaster endete. Der Koalitionsvertrag war schon unterschrieben, die Ministerposten waren weitgehend verteilt, alles aufs „Friede-Freude-Weiterso“ ausgelegt.

Es kam bekanntlich anders. Den politischen wie moralischen Eklat, der AfD auf den Leim gegangen zu sein, hatten andere zu verantworten. Ganz unschuldig war aber auch Rot-Rot-Grün nicht. In einer Art überheblichen Selbstverliebtheit setzte man darauf, dass man das mit der Minderheitsregierung schon irgendwie demokratisch schaukeln würde.

Wie lange ist das jetzt her? Keinen Monat. Und trotzdem schon wieder alles vergessen?

Per Pressemitteilung teilten die Thüringer Grünen gestern mit, sie hätten Anja Siegesmund als Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz sowie Dirk Adams als Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz für die nächste Thüringer Landesregierung benannt. Während alle Welt noch argwöhnt, ob und wie dieses Mal die erhoffte Re-Inthronisierung des Linken Bodo Ramelow klappt, richtet sich ausgerechnet eine der 5-Prozent-Parteien der letzten Landtagswahl schon mal wie selbstverständlich in der nächsten Landesregierung ein.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Die Wahl am Mittwoch ist für Rot-Rot-Grün noch nicht in Sack und Tüten. Der alten Koalition fehlen vier Stimmen.

Auch wenn man in Kreisen der Ex-Regierenden meint, sich diesmal besser mit den Kontrahenten abgesprochen zu haben – niemand weiß wirklich, wie sich FDP und CDU verhalten werden. Letztere war am Wochenende vom womöglich kommenden Bundesvorsitzenden und nordrhein-westfälischen Ministerpräsident Armin Laschet gewarnt worden, CDU-Stimmen für einen linken Kandidaten seien nicht akzeptabel. Ähnlich äußerten sich zuvor auch Merz und Röttgen.

Wie heißt es im Sprichwort so treffend: Man sollte das Fell nicht verteilen, bevor der Bär erlegt ist.