Martin Debes über das geplante Flüchtlingsprogramm des Landes.

Das moralische Podest, von dem aus die grüne Landespartei zu den gewöhnlichen Menschen spricht, ist traditionell besonders hoch. Aber es geht immer noch höher.

Nachdem das Kabinett am Dienstag beschlossen hatte, 500 Menschen aus den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland nach Thüringen zu holen, veröffentlichte die Parteispitze eine Erklärung, in der sie ihren eigenen Migrationsminister würdigte, um dann gegen den sozialdemokratischen Koalitionspartner zu ätzen.

Die Einigung sei einer rot-rot-grünen Regierung „nicht würdig“.“, teilte Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt mit. Denn: „Wenn es um Menschenleben geht, sollten Humanismus und entschlossenes Handeln eine Selbstverständlichkeit sein.“ Leider, leider habe „die SPD unseren Vorschlag blockiert, 2000 Menschen in Thüringen in Sicherheit zu bringen“.

Das ist purer Hochmut. Zum einen hatten viele Politiker der SPD, darunter die Jusos, für das Programm geworben. Zum anderen plante der grüne Minister ursprünglich selbst mit 500 Flüchtlingen. In seiner ersten Kabinettsvorlage stand exakt diese Zahl.

Und zur Sache: Ja, die Situation auf den Mittelmeerinseln bleibt skandalös. Die Europäische Union versagt wieder einmal dabei, so etwas wie eine gemeinsame Flüchtlingspolitik hinzubekommen. Deshalb ist es grundsätzlich richtig, wenn Thüringen an den Bund ein Signal der Solidarität sendet.

Doch ob ein eigenes Landesprogramm den Betroffenen hilft, ist zweifelhaft. Nicht nur, dass die nötige Zustimmung des Bundesinnenministeriums und der CDU im Landtag völlig ungewiss ist: Auch die zentralen rechtlichen und organisatorischen Fragen wurden bisher nicht beantwortet.

Die Grünen in Hessen, die mit der CDU regieren, gehen einen anderen Weg. Die dortige Regierung erklärte sich gerade gegenüber Berlin bereit, 100 Flüchtlingskinder aus Griechenland aufzunehmen. Das ist deutlich leichter zu organisieren – klingt aber natürlich nicht so schön moralisch überlegen.