Hanno Müller über die Versuchung der Notaufnahmen.

Patienten sollen nicht wegen eines Schnupfens oder einer Verstauchung in die Notaufnahme eines Krankenhauses gehen und dort Kapazitäten für echte Notfälle blockieren. Wie macht man das einem Menschen, der sich krank fühlt und Hilfe sucht, klar? Und was ist überhaupt ein echter Notfall?

Der Idealfall wäre der aufgeklärte Patient, der die Organisation des Gesundheitswesens versteht und sich artig an die Spielregeln hält. Die lauten „ambulant vor stationär“, „Hausarzt vor Fach- oder Klinikarzt“, „Praxis vor Klinik“. Siehe auch die etwas altbacken daherkommende Elfen-TV-Kampagne der Ärzte für die gemeinsame Notrufnummer 116 117. Es ist freilich Teil des neuen Anspruchsdenkens, dass Patienten alles sofort haben wollen und sich dabei als Versicherte im Recht wähnen.

Wer das als Flatrate-Mentalität bezeichnet, hat recht – und er hat nicht recht. Das System selbst ist überholt und bedarf dringend der Reform. Das Gesundheitswesen muss den Patienten verstehen – und nicht andersherum. Versicherte, das zeigt die aktuelle KKH-Umfrage, gehen in die Notaufnahmen, weil sie hoffen, schneller und besser behandelt zu werden. Das ist nicht verboten und wird von Kliniken nicht wirklich verhindert. So bekommen sie einen Teil ihrer stationären Patienten, auch wenn das viele abstreiten. Hartnäckige Mauern und unsinnige Vergütungsunterschiede zwischen ambulant und stationär machen es möglich.

Patienten sollten nicht entscheiden müssen, ob sie ein Notfall sind oder nicht. Das Gesundheitssystems sollte jeden dahin führen, wo er die beste und Ressourcen schonendste Behandlung bekommt, die nötig ist. Dafür bräuchte es den Abbau von Eifersüchteleien, gleiche Bezahlung für gleiche Leistungen und ein Gesundheitswesen, dass als Gesamtheit agiert.

Thüringen will keine Strafzahlungen für Patienten beim Gang in die Notaufnahme