Martin Debes über die AfD und die neueste Schaufensterdebatte.

Die deutsche Automobilindustrie befindet sich in einer schweren, ja existenziellen Transformationskrise – und mit ihr die Zulieferunternehmen in Thüringen. Der Industriesektor mit den höchsten Umsätzen im Land steht vor einem gewaltigen Umbau, Tausende Arbeitsplätze befinden sich in Gefahr.

Auch die hiesige Landesregierung ist also gefordert. Thüringen muss tun, was es nur kann, um zum Beispiel mit Förderprogrammen für die Batterieforschung den Wandel zu begleiten.

Doch die Möglichkeiten sind arg beschränkt. Erstens handelt sich es bei dem Strukturwandel in der Automobilindustrie um einen globalen Prozess, der bekanntlich längst nicht mehr von Deutschland aus angetrieben wird.

Zweitens sitzen die Konzernzentralen, in denen endlich radikal umgesteuert werden muss, nicht in Thüringen. Und drittens sind für alle, aber auch wirklich alle Grenzwerte und Gesetze, mit denen der Automobilmarkt reguliert wird, Brüssel und Berlin verantwortlich.

Das heißt aber nicht, dass sich das Thema nicht politisch ausbeuten ließe. Und so stellte sich Björn Höcke am Mittwoch ans Rednerpult des Landtags, um sich während einer von seiner AfD-Fraktion beantragten Sondersitzung in der eingeübten Retterpose zu präsentieren. Diesmal, das wirkt für seine Verhältnisse fast schon bescheiden, will er bloß den Dieselmotor vor dem Untergang bewahren.

Der Auftritt gehört zu einer Vorwahlkampagne, die seit Monaten läuft, mit Betroffenheitstour von Werk zu Werk und blauen Werbebannern im Internet. Der Plan ist so dreist wie durchschaubar, aber er bietet alles, was zu den gängigen Mechanismen des Populismus gehört, einschließlich der Wir-gegen-alle-anderen-Rhetorik.

Reflexhaft mühten sich darum alle anderen Landtagsfraktionen, jeweils ihren Markenkern – von liberaler Marktwirtschaftsfeier bis zu sozialistischer Kapitalismuskritik – in ihrer Redezeit unterzubringen. Am Ende war nur eines gewiss: Den Beschäftigten nützen derlei Schaufensterdebatten nichts.

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