Thomas Bärsch über das Verhältnis von Politik und Justiz.

Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Politposse: Ein Staatsanwalt leitet Ermittlungen gegen eine Künstlergruppe ein, weil er den Verdacht hat, diese wollte eine kriminelle Vereinigung gründen. Durch eine parlamentarische Anfrage wird das publik, und es folgen Proteste gegen den Staatsanwalt und Forderungen an den Justizminister einzugreifen. Der Minister verweist auf die Unabhängigkeit der Justiz und macht den Fall kurz darauf zum Thema eines Gesprächs mit der Ermittlungsbehörde. Die Ermittlungen werden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt, und der Staatsanwalt wird mit anderen Aufgaben betraut – auf eigenen Wunsch natürlich.

Doch was wir in den vergangenen Tagen rund um das Zentrum für politische Schönheit und die Ermittlungen gegen diese Künstlergruppe lesen konnten, ist leider traurige Thüringer Realität, traurig in zweierlei Hinsicht: Da ist zum einen der nicht von der Hand zu weisende Eindruck, dass ein Vertreter der zur Unabhängigkeit verpflichteten Justiz möglicherweise aus persönlichen politischen Motiven handelte. Zum anderen fällt es schwer zu glauben, dass die Einstellung des Verfahrens ohne politische Einflussnahme herbeigeführt wurde. Beides darf in einem Rechtsstaat nicht passieren.

Deshalb darf der Vorgang nicht ad acta gelegt werden. Vielmehr ist es nun an Justiz und Politik, den Fall aufzuarbeiten – und zwar so, wie es beiden gemäß ihren streng definierten Rollen zusteht: die Justiz disziplinarisch und gegebenenfalls juristisch, die Politik mit den Instrumenten, die ihr in der parlamentarischen Demokratie dafür zur Verfügung stehen.