Jan Hollitzer über den Besserwessi-Vorwurf der Linken und Effekthascherei im politischen Betrieb.

Jetzt wird die Besserwessi-Keule ausgepackt. 30 Jahre nach der friedlichen Revolution. Das ist – mit Verlaub – schon ziemlich armselig.

In der Politik geht es nicht um Wahrheiten und Objektivität, sondern das Vertreten von Interessen bestimmter Gruppen, ergo Wählern. Selbst wenn den Linken in Umfragen das höchste Engagement für ostdeutsche Interessen attestiert wird, sollte es bei der Interessenvertretung doch eher um die Zukunft gehen, als rückwärtsgewandte Scheindebatten zu provozieren.

Was soll ein gefordertes Eingeständnis der Bundesregierung bringen, dass sie „den Auftrag und die Ausrichtung der Arbeit der Treuhand als einen politischen Fehler der Nachwendezeit betrachte“? Millionen von verlorenen Jobs kehren dadurch nicht zurück. Vielmehr reißen alte Wunden auf.

Viele Menschen in den neuen Bundesländern verbinden die Treuhand mit traumatischen Erlebnissen, ja. Jetzt aber eine Besserwessi-Debatte anzuzetteln, zeugt von rhetorischer Einfallslosigkeit und billiger Effekthascherei mit Blick auf Umfragewerte und Wahlergebnisse.

Wenn den Linken das Ost-West-Thema so wichtig ist, warum schaut man dann nicht auf Ost-West-Verteilung in politischen Spitzenämtern, Verwaltungen oder Ministerien?

Männern scheint man ja auch nicht zuzutrauen, die Interessen von Frauen adäquat zu vertreten. Oder warum wird so heftig über das Paritätsgesetz gestritten? Können also „Besserwessis“ die Interessen Ostdeutscher vertreten? Das ist Polemik. Richtig. Und richtigerweise wird nicht über eine Ost-Quote nachgedacht.

Also bitte mehr Konstruktivität als Marktschreierei.

Treuhand bis heute ein Feinbild