Hanno Müller über ein Urteil mit weitreichenden Folgen.

So geht Recht. Auch die Richter des Saarländischen Verfassungsgerichtshofes zweifeln nicht wirklich am standardisierten Messverfahren der Jenoptik-Blitzer. Doch darum geht es nicht. Es geht um das verbriefte Recht, dass zu einem rechtsstaatlichen Verfahren die grundsätzliche Möglichkeit der Nachprüfbarkeit von Beschuldigungen gehört, auch dann, wenn sie auf technischen Abläufen und Algorithmen beruhen.

Im Urteil finden sich dazu Vergleiche zur Funktionsweise von Stimmabgabecomputern bei Wahlen oder zu Ergebnissen von Blutentnahmen oder DNA-Proben. Nur, wenn gewonnenen Erkenntnisse nachvollziehbar und belastbar sind, haben sie auch juristisches Gewicht. Im Falle des Blitz-Verfahrens mit der TraffiStar-S350-Geräte ist das nicht möglich, weil nicht alle Messdaten gespeichert werden. Ohne Messdaten keine faire Überprüfung – deshalb bekam der Kraftfahrer recht.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund zunehmender Technisierung und Digitalisierung könnte es sich um ein Urteil mit weitreichenden Folgen handeln. Wissen wir auch morgen noch, was sich beispielsweise in den Grauzonen künstlicher Intelligenz abspielt oder wie bestimmte Algorithmen zu ihren Erkenntnissen kommen? Und was davon ist künftig gegebenenfalls juristisch verwertbar?

Das jetzt gefällte Urteil hätte so allerdings gar nicht mehr sein müssen. Es war nicht der erste Fall, bei dem ein Gericht ein TraffiStar-Verfahren einstellte. Zweifel gibt es auch an der Meßtechnologie des Blitzers Poliscan-Speed eines anderen Herstellers. Wenn man Verkehrssündern aber schon ans Portemonnaie will, muss es rechts-sicher passieren.

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. Anderenfalls könnten notorische Raser das saarländische Urteil als Freibrief ansehen.