Martin Debes über die Wahl der neuen Linke-Doppelspitze im Bund.

Mit pandemiebedingter Verspätung bekommt die Linke am Samstag erstmals eine weibliche Doppelspitze. Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler sollen der Partei, die seltsam müde wirkt, neuen Schwung verleihen.

Die Aufgabe ist groß. Die Lager sind nicht weniger geworden. Ost- und Westverbände fremdeln immer noch miteinander. Bundestagsfraktion und Bundespartei wirken zuweilen regelrecht verfeindet.

Die Umfragen sind entsprechend, sie pendeln zwischen sechs und neun Prozent. So ist nicht einmal ausgeschlossen, dass die Linke, so wie 2002 als PDS, in diesem September aus dem Bundestag fliegt. Trotzdem ist das Potenzial erkennbar, zweistellig zu werden.

Genau das ist das erklärte Ziel von Susanne Hennig-Wellsow, die als Landes- und Fraktionschefin seit sechs Jahren die größte Regierungspartei in Thüringen führt. Sie will die Linke so stark machen, dass es für ein Bündnis mit SPD und Grünen reicht. 30 Jahre Opposition seien genug, sagt sie.

Janine Wissler, die in Hessen die Landtagsfraktion leitet, repräsentiert den Flügel, der im Zweifel eher für Opposition steht. Doch sie ist keine Fundamentalistin.

Unterfraktionen machen, was sie wollen

Die Breite der Partei repräsentieren und gleichzeitig für eine Machtperspektive arbeiten: Das klingt nach einem Plan.

Doch ob dieser Plan aufgeht, wird vor allem daran hängen, ob die Bundestagsabgeordneten die neue Parteiführung ernst nehmen. So lange die zahlreichen Unterfraktionen machen, was sie wollen, solange wird die Linke im Bund vor allem als zerstrittener, ideologiegetriebener Haufen wahrgenommen. Und so lange wird es auch keinen halbwegs einheitlichen, pragmatischen Kurs geben, der ausreichend viele Wähler überzeugt.

Susanne Hennig-Wellsow hat schon gewählt: den Aufstieg, aber auch ein großes Risiko.

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