Marco Alles zum Start der Fußball-Europameisterschaft.

Volle Trikotständer in den Geschäften. Kaum Fähnchen an den Autos. Nur vereinzelte Gespräche, die sich um das Fußballereignis drehen. Mag sein, dass sich die Stimmung mit dem ersten Auftritt der deutschen Mannschaft bessern wird. Doch kurz vor dem Auftakt der Europameisterschaft ist wenig zu spüren von großer Vorfreude.

Dabei besitzt das Turnier eine historische Dimension. Zum ersten Mal sind die Spielorte über den gesamten Kontinent verstreut, soll der Fußball ein grenzenloses Vergnügen symbolisieren. Aber das Ansinnen, mit dieser EM die Menschen zu verbinden und den europäischen Gedanken zu fördern, wird durch die noch herrschende Pandemie ad absurdum geführt. Das Reisen ist weiterhin stark eingeschränkt; der Stadionbesuch nur wenigen Zuschauern erlaubt, jede Mannschaft von der Außenwelt strikt abgeschirmt. Rauschende Feste mit Hunderttausenden Fans kann es nicht geben.

Gespielt wird trotzdem. Weil jeder Anpfiff die Kasse der Uefa klingeln lässt. Anders ist es nicht zu erklären, weshalb die Endrunde nun schon zum zweiten Mal mit der Rekordzahl von 24 Nationen ausgetragen und auf mehr als vier Wochen ausgedehnt wird. Dass zudem mit Aserbaidschans Baku eine asiatische Stadt zu den Gastgebern zählt, hat gewiss nichts mit sportpolitischen Aspekten zu tun. Es geht um das Erschließen neuer Absatzmärkte und damit ganz lapidar ums (Milliarden)-Geschäft.

Und die deutsche Mannschaft? Sie hat in den vergangenen drei Jahren eine Menge dafür getan, dass sie in der Gunst der Fans rapide gefallen ist. Auf und neben dem Platz. Viel wird von ihr nach den ganzen Enttäuschungen nicht erwartet. Aber darin liegt auch die große Chance, verlorenen Kredit zurückzugewinnen – und dem scheidenden Bundestrainer Löw einen glänzenden Abschied zu bescheren.