Im Podcast spricht TA-Chefredakteur Jan Hollitzer mit dem Kunst- und Antiquitätenhändler Fabian Kahl über den familiären Kauf des Schlosses Brandenstein und seine Erlebnisse als Antiquitätenhändlerin der ZDF Show “Bares für Rares“.

Deutschlandweit bekannt ist Fabian Kahl durch seine Auftritte in der ZDF-Sendung "Bares für Rares". Dort gilt er mit seinen Outfits und seinen auffallenden Piercings als der Paradiesvogel der Unterhaltungsshow. 2018 veröffentlichte der gebürtige Thüringer, der in Leipzig lebt, seine Autobiografie "Der Schatzsucher". Über seinen Werdegang, den familiären Kauf des Schlosses Brandenstein, seine Erlebnisse als Antiquitätenhändler, berichtet der 28-Jährige im Podcast mit TA-Chefredakteur Jan Hollitzer.

Jung und trotzdem Antiquitätenhändler: Ich habe mit Bares für Rares angefangen, da war ich erst 21 Jahre. Aber ich bin praktisch in einer antiken Wiege zur Welt gekommen. Mein Vater hat schon selbstständig mit Antiquitäten gehandelt, da war ich noch gar nicht geboren.

Antiquitätenhandel in der DDR: Das war damals durchaus ein gutes Geschäft, es gab urige Haushalte, aus denen jahrzehntelang nichts rausgeschafft wurde. Deshalb strömten nach der Wende zahlreiche Händler aus dem Westen in den Osten. Auch Holländer kamen mit riesigen Lkw, denn im Osten war noch eine Menge Kulturgut erhalten geblieben. Das Problem war allerdings, dass sich keiner richtig auskannte, es schwierig war, Preise zu recherchieren. Insofern war der Osten eine richtige Goldgrube.

Die Anfänge: Mein Vater hat mich früh mitgenommen in Museen und auf Flohmärkte. Als Fünfjähriger war ich schon bei Haushaltsauflösungen dabei. Im Laufe der Zeit habe ich viel gelernt, weil mein Papa mir auch alles genau erklärt hat. Natürlich habe ich auch Fachliteratur gewälzt, wir hatten eine richtige kleine Bibliothek zu Hause, in der ich mich dann tagelang eingesperrt habe. Man muss selbst Interesse haben, und wenn man dann noch jemanden hat, der einen an die Hand nimmt, ist das natürlich umso besser.

Die preisliche Bewertung: Das ist oft eine Gefühlssache. Wobei man auch auf Erfahrungen baut, Auktionen beobachtet, weiß, was momentan der Marktwert für gewisse Sachen ist. Und dann denkt man an Kunden, die eventuell bereit sind, einen gewissen Preis zu zahlen.

Eigener Laden: Den hatte ich in Berlin. Aber das Geschäft hat nicht funktioniert. Ich bin aber auch nicht so unglücklich darüber. Berlin war nie meine Stadt. Im Gegensatz zu Leipzig.

Leipzig: Dort bin ich gern, lebe mit meiner Freundin da. Die Stadt hat sich entwickelt, gerade die Techno-Szene ist echt super. Und ich bin auch immer noch mit der Gothic-Szene verbunden. Sie hat meinen Stil definiert.

Casting auf dem Flohmarkt: Ein Filmteam war in Leipzig und hat Leute für eine neue Fernsehsendung gesucht. Da wusste noch keiner, um was es da geht. Das Team kam dann auf uns zu und hat erst mal einen Vater des Freundes von uns gecastet. Als sie gesehen haben wie ich den Laden geschmissen habe, dazu das Aussehen - schwarze Klamotten, lange Haare, eine Seite abrasiert, Piercings, und erst 21 - da waren sie neugierig und ließen mich in die Kamera sprechen. Zwei Wochen später kam dann eine Einladung nach Köln. Damals hatte ich nicht mal das Geld für die Fahrt dorthin. Mein Vater hat mich jedenfalls sehr unterstützt. Er sah es für mich sofort als ersten Schritt in die Selbstständigkeit. Da gab es nie irgendwelche Diskrepanzen zwischen uns.

Besondere Expertise: Man muss sich mit 21 schon behaupten, die anderen hatten alle mehr Erfahrung im Geschäft. Ich glaube, ich bin zuerst auf Widerstand gestoßen, weil mein Aussehen irgendwie nicht von Fachkompetenz gezeugt hat. Aber die haben schnell gemerkt, wenn ich den Mund aufmache, dass ich doch was Gescheites sage.

Kunden-Reaktionen: Es gibt wirklich junge Damen, die mich ansprechen und sagen: Du bist der Liebling von meiner Oma und sie möchte mich unbedingt verkuppeln. Vielleicht habe ich den Blick auf die Jugend ein wenig verändert. Nicht das Äußere zählt.

Selbstständigkeit: Ich habe damit schon ein halbes Jahr vor Drehbeginn angefangen. Als ich dann plötzlich im Fernsehen war, stieg die Aufmerksamkeit um ein Vielfaches. Und die Leute haben plötzlich anders auf mich reagiert, in mir eine andere Persönlichkeit gesehen, obwohl ich mich äußerlich nicht verändert hatte. Mit einem Mal war ich der geachtete Paradiesvogel. Schon verrückt, dass die Leute auf individuelle Charaktere immer erst mal mit Scheuklappen reagieren.

Haare: Ich habe irgendwann mal einen Rappel bekommen und mir die ganz langen Haare auf fünf Millimeter abrasiert. Man kann anhand meiner Frisur nachvollziehen, welches Jahr gerade ist. Ich habe so viele Dinge ausprobiert, eben auch den Kurzhaarschnitt. Bald kommt wieder eine weiße Strähne rein.

Musiker Bill Kaulitz: Wir werden öfters verglichen, weil wir einen ähnlichen Stil haben. Aber das nervt. Ich finde gut, dass er sich immer mal wieder neu erfindet. Wobei ich es ein bisschen schade finde, dass er sich jetzt geoutet und gesagt hat: Ich bin schwul. Bisher dachte ich immer, dass er hetero ist, richtig ausflippt, wie ich gern sehr hohe Schuhe trägt, auch in der Frauenabteilung shoppen geht, und dass das für ihn überhaupt keine Rolle spielt.

Schloss Brandenstein in Thüringen: Die Familie lebt da, sieben Hektar Wald gehören dazu. Es ist ein wunderschönes Barockschloss auf einem steilen Felsen im europäischen Naturpark. Tolle Landschaft, und das Haus ist wirklich phänomenal. Es ist nicht totaler Luxus, sondern eher eine Ruine, in der man nach und nach alles aufbaut. Meine Eltern konnten nicht mit ansehen, dass so ein Schloss vom Berg bröckelt. Zu DDR-Zeiten war das total heruntergekommen. Mein Vater hat es sich zur Aufgabe gemacht, das wieder aufzubauen. Mein Bruder und ich haben auch immer fleißig mit angepackt.

Öffnung des Schlosses: Für die Öffentlichkeit jeden Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Leute können dann gern auch ihre Sachen mitbringen und für Schätzungen oder zum Ankauf zeigen. Also Bares für Rares im Kleinen sozusagen. Meistens sind mein Bruder und mein Vater da, ich nur ab und zu. Die Leute kommen gern, es gibt auch ein veganes Café.

Let’s Dance: Die haben mich schon zweimal angefragt, und ich habe gesagt, passt nicht. Vielleicht nächstes Jahr. Ich finde verrückt, dass die Sendung so einen Hype auslöst. Ich tanze wirklich sehr gerne. Das Professionelle kann man ja lernen.

Die TV-Händler-Welt: Jeder von uns ist anders. Wir haben 13 Händler mittlerweile, weil die Sendung jeden Tag ausgestrahlt wird. Auch wenn es eine Gage gibt, lebe ich vor allem vom cleveren Einkauf und guten Verkauf. Und es geht dabei sehr kollegial zu. Schon verrückt, wie wir uns manchmal überbieten und dann staunen über den Preis.

Die Branche: Man muss mit offenen Karten spielen, darf nie das Ziel haben, jemanden übers Ohr zu hauen. Die Käufer, die mich anrufen, weil sie etwas in der Sendung gesehen haben, wissen ja auch, was ich dafür bezahlt habe. Da kann ich keinen riesigen Aufschlag nehmen. Ich versuche immer, fair einzukaufen und fair zu verkaufen.

Lebensplanung: Ich gehe meinen Weg, möchte stets offen sein für Neues. Schön wäre, wenn Bares für Rares immer Publikumsliebling bleibt und ich die Sendung weiterhin machen kann, weil das mein Herzensprojekt seit sieben Jahren ist. Privat beschäftigen mich noch sehr Fotografie und Filmerei. Ich bin ein Irrer, wenn es irgendwas zu entdecken gibt in der Natur. Ich habe vor allem Afrika im Herzen, war kürzlich mit meinen Eltern auch in Namibia. Und ich bin begeistert vom Tauchen, habe auch mit Golfen angefangen. Das ist entspannend nach den Fernseh-Drehtagen.