Mit TA-Chefredakteur Jan Hollitzer spricht der Thüringer Schauspieler Matthias Lier über seine ostdeutsche Identität und seine Rolle als Stalker im Mainz-Tatort – der letzte mit Schauspielkollegin Heike Makatsch.

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Schauspieler Matthias Lier ist 1979 in Bad Salzungen geboren und wuchs in Zella in der Rhön auf. Nach einem Studium der Kybernetik in Stuttgart fand Lier an der Grazer Universität schließlich zum Theater. Heute spielt er vor allem in Kino und Fernsehen. Am Sonntag, 8. Oktober, ist er in der Rolle als Stalker im Mainz-Tatort "Aus dem Dunkel" – der letzte mit Schauspielkollegin Heike Makatsch – zu sehen. TA-Chefredakteur Jan Hollitzer sprach mit ihm über…

… die Auswahl von Rollen: Wenn ich eine Rolle bekomme, schaue ich, was mich an dem Charakter interessiert und wo der Funke überspringt. In der Drehzeit bin ich Monate lang so mit der Rolle beschäftigt, dass ich anfange, wie die Figur zu werden. Wenn der Dreh vorbei ist, brauche ich einige Wochen, bis ich wieder in der privaten Gefühlswelt von Matthias Lier angekommen bin.

… Thüringen als Zuhause: Je älter ich werde, desto mehr liegt mir meine Heimat am Herzen. Ich begreife immer mehr, wo ich herkomme und wo meine Wurzeln liegen. Nach der Wende habe ich mir neue Identitäten zugelegt. Ich wollte nicht mehr Ossi sein, sondern habe mich am Westen orientiert. Ich habe sogar den bayerischen Dialekt gelernt, weil das irgendwie cooler klang. Meine Mutter hat derweil Hessisch gelernt, das war immer lustig am Küchentisch.

Der Schauspieler Matthias Lier.
Der Schauspieler Matthias Lier. © Ingo Glase

… ein neues Drehbuch: „Warum sind wir so, wie wir sind?“ habe ich mich in meinem dritten Drehbuch gefragt. Ich finde, wir sollten nicht Geschichten über, sondern aus dem Osten erzählen. Die klassische Geschichte von der DDR-Vergangenheit wollte ich aber auch nicht schreiben, das haben schon viele vor mir gemacht. Diese Geschichte musste ich einfach verwirklichen, der Stoff lag mir auf der Seele.

Matthias Lier in einer Szene im Tatort, wo er einen Stalker spielt
Matthias Lier in einer Szene im Tatort, wo er einen Stalker spielt © Namche Okon

… Ost- und Westdeutschland: Ich glaube, jetzt ist die Zeit, dass der Osten den Raum bekommt, der ihm mit seiner Eigenart zusteht. Von Westdeutschen hört man häufig „Jetzt lasst doch mal gut sein, ist doch lange genug her“, aber der Osten hat da mehr Redebedarf. Es geht nicht nur um den Ostdeutschen, der gut an das System adaptiert ist, sondern vielleicht auch um den, der bleiben möchte, wer er ist. Wir sind keine Einheitsmasse. Dass Deutsche sich untereinander kennenlernen, ist eine gesamtdeutsche Aufgabe. Ich wünsche mir, dass wir da neugieriger werden.