Im Podcast “Hollitzer trifft“ spricht Evelyn Zupke über die lebenslangen Folgen von Repression und Unrecht in der DDR.

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Seit dem 10. Juni 2021 ist Evelyn Zupke die erste Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur. Die 59-Jährige war als Bürgerrechtlerin an der Aufdeckung des Wahlbetrugs von 1989 beteiligt. Im Podcast mit TA-Chefredakteur Jan Hollitzer spricht sie über:

...das Ankommen im neuen Amt: Ich habe die erste Zeit genutzt, um Gespräche zu führen, zuzuhören, um zu erfahren, wo es Handlungsbedarf gibt. Es gibt viele gute Dinge, aber Einiges liegt noch im Argen.

...die geschredderten Stasi-Akten: Sie werden wiederhergestellt, ob computergestützt, händisch oder wie auch immer, damit nicht die Stasi entscheidet, welche Akten wir lesen können und welche nicht. Anfang des Jahres werde ich mich mit dem Bundesarchiv zusammensetzen und auch schauen, wie es in den Außenstellen läuft.

...einen gesamtdeutschen Härtefallfonds: Es ist wichtig, dass jedes Opfer von SED-Repressionen Zugriff bekommen kann, unabhängig vom Wohnort. Das sind ja keine Riesenhilfen, es geht um konkrete Situationen, wenn zum Beispiel jemand bedürftig ist und in eine Not gerät.

Evelyn Zupke, Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur.
Evelyn Zupke, Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur. © Jörg Carstensen/dpa

...gebrochene Biografien: Viele Jugendliche, die in einem Jugendwerkhof waren, wo härteste Disziplinierungsmaßnahmen an der Tagesordnung waren, blieben nach der Entlassung ein Stück gebrochen. Die Erfahrung setzte sich fort, sie sind beruflich nicht auf die Füße gekommen, haben wenig Geld verdient und bekommen jetzt nur eine geringe Rente. Ihr Leben verlief ganz anders, als sie es gewollt hätten, als sie es in einem freien Land hätten führen können.

...Hilfen, die nicht zu spät kommen dürfen: Die Begutachtung psychischer Folgeschäden hat sich nach meinen ersten Erfahrungen als großes Problem herauskristallisiert. Um eine Entschädigung zu erhalten sind die Hürden zu hoch, ich werde für eine Vereinfachung kämpfen. Die Menschen werden immer älter, eine späte Hilfe ist oft keine mehr.

...Diktaturerfahrung und ihre Folgen: Ich sehe das gespalten. Wahlen sind immer Ergebnisse von Politik. Natürlich sind wir, die wir in einer Diktatur aufgewachsen sind, diktatur-sozialisiert. Aber das bedeutet für mich nicht unbedingt etwas Schlechtes. Es erzeugt auch eine große Sensibilität dafür, was „von oben“ kommt.

..."Corona-Diktatur" und Vergleiche mit dem "DDR-Obrigkeitsstaat": Eine Gleichsetzung mit heutigen Verhältnissen ist eine Verharmlosung des SED-Unrechts. Gleichzeitig wünsche ich mir einen breiteren Meinungskorridor, bei dem es nicht zu Ausgrenzungen kommt. Die Schranken des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung sind eindeutig durch das Gesetz geregelt.