Erfurt. Im Podcast „Hollitzer trifft“ spricht der Infektiologe Mathias Pletz über die Prognosen für den Sommer und über seine Haltung zur Impfpflicht

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Seit Ausbruch der Pandemie war Mathias Pletz, Direktor des Institutes für Infektiologie und Krankenhaushygiene an der Uniklinik in Jena, schon mehrfach Gast im Podcast „Hollitzer trifft“. Erstmals kann er jetzt etwas Hoffnung verbreiten. Im Gespräch mit TA-Chefredakteur Jan Hollitzer sagte er über ...

… die Entwicklung in Thüringen: Die Inzidenz steigt zwar noch steil nach oben, aber nach den Erfahrungen aus Dänemark, London oder in den nördlichen Bundesländern erwarte ich, dass in den nächsten Tagen der Gipfel erreicht ist und es mit der Inzidenz wieder nach unten geht.

… die Prognose für die Zeit nach dem Winter: Der Sommer wird weitgehend pandemiefrei sein. Offen ist, ob wir im Frühsommer eine Grippewelle bekommen. Die Grippewelle hat noch nicht begonnen. Aber es ist mehr Dynamik zu sehen als vergangenes Jahr. Langfristig könnten wir mehr Lebenserwartung für die Bevölkerung generieren, wenn wir Erkältungskrankheiten ernster nehmen würden. Die Maske wird vermutlich bleiben, nicht im Sommer, aber im Winter.

… die neue ansteckendere Omikron-Variante BA2: In Laborversuchen kam heraus, dass BA2 die Abwehr besser unterlaufen kann als BA1. Wie relevant das ist, bleibt abzuwarten. Wichtig ist, dass Omikron weniger schwere Verläufe macht und auf mehr Geimpfte trifft.

… die Aussagekraft der Belegung auf Intensivstationen: Persönlich halte ich die Intensivstationen für den am besten objektivierbaren Gradmesser für die Krankheitsschwere. Weil sich die Omikronwelle so rapide ausbreitet, kommen inzwischen auch viele Patienten nicht wegen, aber mit einer Corona-Infektion ins Krankenhaus. Schaut man aber auf die ITS, muss man sagen, dass dort tatsächlich Menschen wegen Corona bzw. Omikron liegen.

… über unterschiedliche Infektionsverläufe: Wir beobachten teils überraschende Verläufe, bei Geimpften und Geboosterten so wie bei Ungeimpften. Wir wissen, dass der Verlauf einer Infektionskrankheit maßgeblich davon abhängt, wie hoch die Dosis ist, mit der man sich initial infiziert. Es gibt auch schwerere Verläufe, bei denen die Betroffenen nicht ins Krankenhaus müssen, aber über einen längeren Zeitraum deutlich eingeschränkt sind.

… neue Medikamente und die Notwendigkeit von Impfungen: Eine verhinderte Infektion ist immer besser als eine durchgemachte. Es gibt noch kein Medikament, das die Impfung ersetzen kann – leider.

… die Impfpflicht: Es muss politisch entschieden werden, was die Bevölkerung möchte: Ob sie sagt, Eigenschutz reicht aus, der ist da und eine Impfpflicht damit gerechtfertigt. Oder will sie den weniger gesicherten Fremdschutz, dann muss der Grad des erhofften Schutzes definieren werden. Freiwilligkeit ist aber immer besser.