Im Podcast „Hollitzer trifft“ spricht Erika Schirmer über Erinnerungen und Hoffnungen rund um ihr Lied „Kleine weiße Friedenstaube“. Als sie das Lied 1949 komponierte, hatte Schirmer Flucht und Vertreibung hinter und das zerstörte Nordhausen vor sich.

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Ihr Lied ist aktueller denn je. Erika Schirmer hat die „Kleine weiße Friedenstaube“ getextet und komponiert. Im Podcast mit TA-Chefredakteur Jan Hollitzer sprach die 95-Jährige, die in einem Seniorenheim wohnt, über…

…die Aktualität das Liedes: Der Anlass ist durch den Krieg ein sehr trauriger. Aber es ist erstaunlich, wo es überall gesungen wird. Und nicht nur von Kindern.

…das DDR-Volkslied: Es war mehr als das. Ich habe schon damals auch Post aus Kenia, Finnland Österreich oder der Schweiz bekommen.

…die Entstehung: Das war im März 1949. Ich hatte Flucht und Vertreibung hinter und das zerstörte Nordhausen vor mir. Und da sah ich auf dem Fensterbrett die Taube und dachte nur, fliege und bringe allen Menschen Frieden. Der Text war schnell da, die Melodie habe ich gesummt, später dann die Noten geschrieben. Mädchen aus dem Kindergarten in dem ich als Kindergärtnerin gearbeitet habe, haben das Lied dann verbreitet.

…den Erfolg: Das Lied hat viele Herzen berührt. Und es wurde inzwischen ja auch neu aufgenommen. Unter anderem durch Dirk Michaelis. Dafür bin ich sehr dankbar.

…Krieg und Kinder: Man sollte das Thema ansprechen, kindesgemäß, nicht schwindeln, ehrlich und offen sein. Ich habe kürzlich einen Brief eines Jungen aus Stuttgart bekommen, er hat geschrieben: Sie werden bestimmt bald sterben, aber es ist schön , dass sie das Lied geschrieben haben. Das ist doch wunderbar.

…Alter: Ich werde bald 96, bin eine alte Dame unter alten Menschen, die mir noch verbleibende Zeit will ich nutzen. Ich bin noch aktiv, singe mit Veteranen, sitze am Klavier, will Ausstellungen fortführen, habe kürzlich eine mit Scherenschnitten über drei Etagen in der Bibliothek in Nordhausen eröffnet. Eine von meinen 225 Ausstellungen. Dazu 14 Bücher geschrieben und Lieder veröffentlicht.

…den Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar: Als ich davon gehört habe – ich verfolge regelmäßig Nachrichten und Sport –, war ich wie erschlagen. Sofort habe ich ein Gedicht geschrieben: „Löscht die Kriegsfackel“. Nach der Veröffentlichung gab es viele Reaktionen. Ich weiß: Allein schafft man es nicht, die Welt zu verbessern. Aber ich werde nicht schweigen, denn Krieg ist schrecklich, gerade bei uns Alten sorgt er für Angst.

…Flucht und Vertreibung: Wir sind aus Schlesien gekommen, deshalb ist meine Verbindung nach Polen sehr eng. Wir kamen ins Eichsfeld. Anfangs war es sehr schwer. Dass die Ukrainer zurück in ihre Heimat wollen, zurück . nach Hause – das verstehe ich gut.