Erfurt. Im Podcast „Hollitzer trifft“ spricht der Autor Landolf Scherzer über sein Reporterleben und verrät, warum auch Faulheit innovativ sein kann.

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Der in Dietzhausen bei Suhl lebende Autor vieler Reportagebücher, Landolf Scherzer, schreibt nie über sich selbst. Doch am 15. März erscheint mit „Weltall der Provinzen“ erstmals ein Buch, in dem er Auskunft über sein Leben gibt. Im Podcast mit TA-Chefredakteur Jan Hollitzer werden schon mal vorab einige Themen abgeklopft, die den bald 80-Jährigen beschäftigen:

Kindheit: Ich hatte eine Kindheit, was in dieser Welt nicht unbedingt das Normale ist. Wie viele Kinder haben keine. Kindheit heißt, man kann vieles noch entdecken. Man ist aber auch eingeengt und hat Ängste. Doch jede Generation erlebt sie anders. Ich erlebe gerade meine Enkel...

Exmatrikulation: Als Student habe ich ein Jahr lang beim für mich besten Reporter dieser Zeit, bei Jeannes Villain, einen Reportage-Kurs gemacht, der letztlich zu meiner Exmatrikulation führte. Ich wusste, dass ich schreiben kann und ich wollte schreiben. Aber so, wie ich die Wirklichkeit sehe. Ich hatte einen Arbeitsvertrag mit der Neuen Berliner Illustrierten. Das wurde dann alles gecancelt...

„Bewährung“ beim „Freien Wort“: In Suhl wurde ich als Schreiber ein bisschen mehr beachtet als in Berlin unter den vielen Edelfedern. Aber auch Suhl, habe ich gemerkt, ist ein schönes Fleckchen... Ich habe von Anfang an versucht, literarische Reportagen zu schreiben, so wie ich es bei Villain gelernt habe. Um ein Beispiel zu nennen: Ich bin in einer Nacht, als Suhl unter Schnee und Eis versank, ohne Auftrag rausgegangen und habe morgens eine ganze Seite abgeliefert. Das war ein inneres Bedürfnis...

Freischaffender Autor: Nachdem ich Parteistrafen wegen meiner Sowjetunion- und anderer Reportagen bekommen hatte, sagte ich mir: Nein, schreib’ lieber Bücher. Da kann ich erstens die Themen selber bestimmen und habe zweitens andere Ansprechpartner, zum Beispiel über Verlage...

Blick auf eigene Bücher: Wenn Sie 26 Kinder haben, welches ist Ihr liebstes? Sie sind so verschieden… Natürlich macht es einen Unterschied, ob du ein dreiviertel Jahr lang auf dem Fischdampfer arbeitest, ein Jahr in Afrika Häuser für die Kohlekumpel baust, oder ob du sechs Wochen bei einem Freund in China weilst. Das war zwar auch kein Urlaub, aber da war ich mehr der Beobachter...

Recherchen auf der Krim: Ich habe in jüngster Zeit zwei Reisen zur Krim unternommen. Nach der ersten war ich verzweifelt. Also bin ich vor zwei Jahren noch mal hin und beschreibe jetzt, was ich erlebt habe...

Schreibtempo: Manchmal schaffe ich am Tag eine Seite. Manchmal schaffe ich auch acht...

Faulheit: Ich bin im Grunde ein fauler Mensch. Faulheit ist aber etwas Wunderbares, weil man viel mehr nachdenken kann. Am liebsten lege ich mich auf die Ofenbank oder setze mich raus in die Sonne...