Im Podcast “Hollitzer trifft“ erklärt der Jenaer Infektiologe, dass er jährliche Kombi-Impfungen gegen Corona und Grippe für möglich hält.

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Ist Thüringen noch Schlusslicht bei den Corona-Impfungen? Wie viele Menschen leiden auch nach überstandener Erkrankung weiterhin unter Abgeschlagenheit? Über brennende Fragen wie diese spricht der Chefinfektiologe der Uniklinik Jena, Mathias Pletz, im Podcast von TA-Chefredakteur Jan Hollitzer. Hier ein Vorgeschmack:

Impfstand: Nachdem Thüringen am Anfang kritisiert wurde, dass es nicht schnell genug geht, nehmen wir seit einigen Wochen oftmals den Spitzenplatz in Deutschland ein, was die Durchimpfungsrate angeht. Das hat die KV (Kassenärztliche Vereinigung) gut organisiert.

Astrazeneca: Wir haben jetzt Daten aus Schottland. Die haben mittlerweile 5,4 Millionen Menschen aller Altersgruppen mit Pfizer-Biontech und mit Astra geimpft. Und da sieht man, dass vier Wochen nach der ersten Impfung, aber noch vor der zweiten, für Astrazeneca die Effektivität, Krankenhausaufnahmen zu verhindern, bei 94 Prozent lag, für Biontech-Pfizer bei 85 Prozent, Astra lag also sogar noch vor dem Pfizer-Impfstoff.

Der Jenaer Infektionsmediziner Mathias Pletz.
Der Jenaer Infektionsmediziner Mathias Pletz. © Anna Schroll

Inzidenz als Maßstab: Ich finde, man sollte die Inzidenz nehmen. Aber man könnte es noch altersbezogen machen, dass wir uns vor allem die Inzidenzen von Menschen ansehen, von denen wir aufgrund des Alters wissen, dass sie eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, ein Krankenhausbett zu benötigen.

Infektiosität von Kindern: Kinder übertragen das Virus auch, aber weniger effektiv. Das ist ja ein Streit, der schon seit dem letzten Jahr herrscht. Welchen Einfluss haben die Schulschließungen? Wenn man sich die Daten, die die WHO zusammengetragen hat, anschaut, dann sieht man, dass die meisten Ausbrüche in Schulen durch Lehrer verursacht wurden, also durch Lehrpersonal, durch Erwachsene, die die Kinder angesteckt haben, nicht umgedreht. Und deswegen fand ich es auch sehr klug, dass Thüringen den Schritt gegangen ist, wirklich schnell die Lehrer zu impfen.

Jährliche Impfungen: Ich könnte mir gut vorstellen, dass es vielleicht einmal jährlich eine kombinierte Impfung gibt: Corona plus Grippe, vielleicht noch plus RSV. Das ist ein weiteres Virus, das Lungenentzündung hervorrufen kann. Das wäre ein großer Fortschritt.

Abgeschlagenheit durch Post-Covid-Syndrom: Frau Professor Heutelbeck, unsere Arbeitsmedizinerin, hatte eine Umfrage unter Thüringer Werktätigen durchgeführt, die in der ersten Welle erkrankt waren. Das waren so 1200 Menschen, die angeschrieben wurden. Von denen hatten Zweidrittel geantwortet, und von denen wiederum hatte sich, glaube ich, jeder Achte noch sechs Monate nach der Infektion dauerhaft auf Arbeit eingeschränkt gefühlt. Das ist schon ein relevantes Problem, vielleicht sogar ein volkswirtschaftlich relevantes Problem, wenn man die Infektion würde laufen lassen.