Erfurt. In der neuen Folge seines Podcasts „Hollitzer trifft“ spricht TA-Chefredakteur Jan Hollitzer mit der Erfurter Wissenschaftlerin Prof. Cornelia Betsch.

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Cornelia Betsch ist Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt. Sie forscht zu Impfentscheidungen und Impfverhalten und arbeitet dabei auch mit der WHO zusammen. Seit einem Jahr verantwortet sie die Erfurter Cosmo-Langzeitstudie zu Wissen, Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Vertrauen während des COVID-19-Pandemie. Mit TA-Chefredakteur Jan Hollitzer spricht sie über ihre Arbeit und die Psychologie bei Gesundheitsentscheidungen. Cornelia Betsch über…

…das neue Fach der Gesundheitskommunikation: Es ist ein sehr junges Fach, wir in Erfurt sind da durchaus Vorreiter. Es geht darum, Gesundheitsverhalten zu verstehen, um es gegebenenfalls zu verändern. Dafür braucht man Medien und muss wissen, wie man Informationen kommuniziert.

…die Erkenntnisse der Cosmo-Studie: Geplant waren fünf Befragungen für eine Dauer von fünf Wochen. Jetzt kommt schon die zweiundvierzigste Erhebung. Das ist ein riesiger Schatz. Wir sind damit nicht mehr allein, alles wird veröffentlicht.

…die Zusammenarbeit mit der WHO: Die Weltgesundheitsorganisation selbst hat bei mir angerufen und Interesse an einer Zusammenarbeit gezeigt. Seitdem stimmen wir unsere Daten international mit anderen ab. Ähnliche Studien gibt es beispielsweise in arabischen und asiatischen Ländern oder auf dem Balkan.

…Impfmüdigkeit: Ich glaube, es gibt weniger Impfgegner als man denkt. Viele Menschen, auch jüngere, wollen sich gegen das Corona-Virus impfen lassen. In Amerika kann man aber gerade beobachten, dass sich viele die zweite Impfung nicht mehr abholen, weil der erste große Druck raus ist. Da ist es wichtig, gut zu kommunizieren und das Impfen so einfach wie möglich zu machen. Vor allem muss man Menschen in die Lage versetzen, Risikoabwägungen selbst vorzunehmen.

…Falschinformationen in sozialen Netzwerken: Wenn 100.000 Menschen fragwürdige Informationen im Netz anklicken, würde ich nicht weinen und sagen, oh, 100.000 Menschen glauben das, sonder: 100.000 Menschen haben genau diese Frage. Dann sollte man die Frage richtig beantworten. …die Rolle der Wissenschaft in der Pandemie: Sehr viele Wissenschaftler geben alles, um die Krise besser zu verstehen und dafür ihr Wissen zur Verfügung zu stellen. Inzwischen haben viele das Gefühl, dass Ratschläge nicht genutzt oder nur Details herausgepickt werden. Ein Beispiel ist die Pandemiemüdigkeit, mit der Lockerungen begründet werden. Viele wollen aber eher eine Verschärfung, das Hin und Her belastet. Das Vertrauen in die Politik sinkt sehr deutlich.

…die Zeit nach der Pandemie: es wird eine Übergangszeit gegen, die sich sehr komisch anfühlt. Wenn man plötzlich wieder neben jemandem sitzt. Zum Beispiel beim Zugfahren. Letztlich aber sid wir soziale Wesen und fallen sicher schnell wieder in alte Muster zurück. Da bin ich zuversichtlich.

…das Thüringer Impfportal: Bislang gibt es die Impfanmeldung nur auf Deutsch. Es gibt aber viele Menschen in Thüringen, die kein Deutsch können. Das ist dringend zu verändern, jeder sollte gleichermaßen Zugang zu den Impfungen haben. Dass die hausärzte impfen, ist super, weil sie ein großes Vertrauen genießen.

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