Erfurt. CDU-Präsidiumsmitglied sieht den Fehler auch beim Umgang mit den Jungwählern. Union und SPD blockieren sich.

Eine Ursache für das schlechte Abschneiden der Union bei der Europawahl sieht Thüringens CDU-Landes- und Fraktionschef Mike Mohring im „Kommunikationsdesaster der letzten Wochen“. Exemplarisch nennt er den Umgang mit den Schülerdemos für Klimaschutz und dem Youtuber Rezo. „Da hat die Union falsch und unzureichend reagiert und bei der jüngeren Generation dafür die Quittung bekommen“, sagt Mohring im. Man habe die Chance verpasst, dass beispielsweise Rezo seine Abonnenten für Politik interessiert habe. „Die Tür ist wieder zu und wir haben uns endlos blamiert.“ Dass die anderen Parteien die gleichen Probleme hätten, mache das Ganze nicht besser.

CDU und CSU hätten die Menschen nicht mit ihren Botschaften erreicht. Es sei „Wohlstand für alle“ plakatiert worden, aber die Bürger hätten mit steigenden Mieten und Gesundheitskosten zu kämpfen und müssten sich damit abfinden, dass von der Rente weniger übrig bleibt, weil sie besteuert werde. „Damit verliert man auch Zustimmung“, sagt Mohring.

So hat Thüringen gewählt

Ein weiteres Dilemma in der Großen Koalition im Bund sei, dass sich Union und SPD gegenseitig blockierten. Dadurch komme man bei der Abschaffung des Solidarzuschlags und der Einführung der Grundrente nicht voran. „Versprechen in die Welt zu setzen und sie nicht zu erfüllen, führt am Ende zu einem Vertrauensentzug“, so das CDU-Präsidiumsmitglied.

Das Europawahlergebnis in Thüringen analysiert er mit gemischten Gefühlen. Man habe deutliche Verluste zu verzeichnen. Aber mit Marion Walsmann eine Kandidatin im Europaparlament und im Gegensatz zu Brandenburg und Sachsen liege die Thüringer CDU vor der AfD. Die Linke habe knapp neun Prozent eingebüßt, obwohl sie in Thüringen regiere. „Die Linke ist der große Verlierer. Und die Träume der Grünen im Westen haben um Thüringen und den Osten insgesamt einen Bogen gemacht.“ Die Populisten seien deshalb so stark, weil das Misstrauen gegenüber den Institutionen in Europa so groß sei.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagt: „Wir haben als Linke im Osten keine hinreichend positive Identifikation mit dem Europathema hinbekommen.“ Es sei nicht ausreichend erklärt worden, welche Vorteile Europa konkret für die neuen Länder bedeute. So sei es der Linken nicht gelungen, den Kampf zum Erhalt der EU-Fördermittel als linkes Projekt darzustellen. „Hinzu kam, dass nach meinem Eindruck die Bundespartei mit diesem Teil der Themen gefremdelt hat“, sagt Ramelow.

Darüber machte Ramelow den Mangel an bekannten Kandidaten für die Verluste mitverantwortlich. „Der Generationswechsel ist notwendig, aber kein Selbstläufer“, sagt er. So habe die bisherige Europaabgeordnete Gabi Zimmer jahrzehntelang als ostdeutsches Gesicht der PDS und später der Linken gedient.

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