Weimar. Jährlich gedenkt der Thüringer Landtag NS-Opfern, teils sprechen KZ-Überlebende. Der Buchenwald-Gedenkstättenleiter Wagner hält solche Veranstaltungen mit einem AfD-Landtagspräsidenten für undenkbar.

Buchenwald-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner würde gemeinsame Veranstaltungen im Thüringer Parlament unter einem Landtagspräsidenten der AfD ablehnen. Komme es zur Wahl eines AfD-Vertreters zum Landtagspräsidenten, würde die Zusammenarbeit der Gedenkstätte mit dem Landtag enden, sagte Wagner der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Er könne sich nicht vorstellen, dann gemeinsam mit dem Landtag Veranstaltungen zu organisieren. „Das käme einer Verhöhnung der NS-Opfer gleich und würde geschichtsrevisionistische Positionen normalisieren.“

Im Thüringer Landtag gibt es jedes Jahr mehrere Gedenkveranstaltungen mit Bezug zur Schreckensherrschaft der Nazis und deren Opfer. Im Januar etwa wurde im Landtag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht, dabei hielt der Shoah-Überlebende und Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, Naftali Fürst, eine Ansprache. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit den Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora organisiert.

AfD-Politiker in Gedenkstätte unerwünscht

Wagner sagte, dass AfD-Funktionären auch die Teilnahme an Veranstaltungen der Gedenkstätte verwehrt bleibe - das würde sich auch nicht ändern, wenn AfD-Vertreter in Regierungsverantwortung kämen. „Herr Höcke darf sich unsere Ausstellung gerne ansehen, um sich zu informieren, was der Nationalsozialismus bedeutet hat. Er darf aber nicht an Veranstaltungen in unseren Gedenkstätten teilnehmen. Daran würde sich nichts ändern, wenn er Ministerpräsident wäre“, betonte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelau Dora. Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke war etwa 2017 schon der Zutritt zu einer Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag verwehrt worden.

Die Thüringer AfD wird seit fast drei Jahren vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet. In mehreren jüngeren Umfragen lag sie in Thüringen auf Platz eins. Am 1. September wird ein neuer Landtag gewählt. Wenn dabei die AfD stärkste Kraft werden würde, hätte sie das Vorschlagsrecht für einen Landtagspräsidenten. Ob dieser dann auch gewählt werden würde, wäre allerdings unklar - ein Anrecht auf den Posten hätte die AfD nicht. Eine Regierungsbeteiligung der AfD gilt in Thüringen als eher unwahrscheinlich, von einer absoluten Mehrheit liegt sie nach Umfragen noch weit entfernt.

Die Parteien in Thüringen sind bereits im Wahlkampfmodus, die ersten Spitzenkandidaten und Landeslisten stehen fest, erste Wahlprogramme entstehen. Wagner kündigte an, sich auch im Wahlkampf zu Wort zu melden. Man mische sich immer dann in die Debatte ein, wenn der gesetzlich definierte Stiftungszweck von Menschen, die sich zur Wahl stellten, angegriffen werde. Das sei etwa bei der Kandidatur des AfD-Politikers Jörg Prophet bei der Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen der Fall gewesen. Prophet unterlag am Ende bei der Stichwahl dem Amtsinhaber. Wagner sagte, dass es auch bei den Kommunalwahlen, der Europawahl und der Landtagswahl nötig sein werde. „Ich sehe es als unsere Pflicht an, vor geschichtsrevisionistischen Positionen zu warnen“, machte Wagner klar. Die Thüringer AfD sei eine Partei, „aus der notorisch geschichtsrevisionistische Positionen vertreten werden“.

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