Washington. Monatelang hatten Trumps Republikaner neue Hilfspakete an die Ukraine blockiert. Nun müssen die Waffen rasch an die Front.

Nach einer monatelangen Hängepartie hat der US-Kongress mit der Zustimmung des Senats milliardenschwere Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine gebilligt. Der Gesetzentwurf umfasst ein Paket von rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew enthält. Das Repräsentantenhaus hatte am Samstag nach langem Ringen dem Gesetzentwurf zugestimmt, der auch Unterstützung für Israel beinhaltet. US-Präsident Joe Biden hatte bereits angekündigt, das Gesetz unmittelbar nach Billigung durch den Senat zu unterschreiben.

Die Ukraine dürfte damit nun zeitnah die dringend benötigten Hilfen aus den USA erhalten. Im mehr als zwei Jahre dauernden Angriffskrieg Russlands gelten die USA als wichtigster Verbündeter der Ukraine. Das Pentagon hat übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge bereits ein erstes Paket mit umfassenden Militärhilfen vorbereitet, um der Ukraine die Hilfen nach Unterzeichnung des Gesetzes durch den Präsidenten so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen. Pentagon-Sprecher Pat Ryder sagte am Dienstag, man sei in der Lage, „innerhalb weniger Tage“ neue Militärhilfe zu liefern. Darunter auch weitreichende Raketensysteme.

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Der Zustimmung war eine monatelange Blockade durch einen kleinen Teil der Republikaner im Kongress vorangegangen. In der entscheidenden Abstimmung, die einige wenige Konservative bis zur letzten Minute mit Verfahrenstricks verzögern wollten, stimmten rund 100 Mitglieder der Partei von Präsidentschaftskandidat Donald Trump gegen die Interessen des vor über zwei Jahren von Russland angegriffenen Landes.

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US-Repräsentantenhaus unterstützt Ukraine mit Milliarden Dollar und Waffenlieferungen

Die Waffenlieferungen werden dringend erwartet: Russland ist dabei, an einigen Stellen der Front in der Ostukraine durchzubrechen. Es bestehe größte Eilbedürftigkeit, erklärte das Verteidigungsministerium. Russland habe andernfalls schon in Kürze etwa bei der Artillerie-Munition einen Vorteil von 10:1. CIA-Direktor William Burns hatte vor der Abstimmung gewarnt, dass die Ukraine ohne neue US-Militärhilfen noch in diesem Jahr den Krieg gegen Russland verlieren könnte.

Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich umgehend beim Kongress. Das Geld werde Tausende Menschenleben retten und dafür sorgen, dass sich der Krieg nicht ausweitet, schrieb er in einer Stellungnahme. Die Hilfen für Israel und humanitäre Einsätze in Gaza – Volumen: 26 Milliarden Dollar – wurden mit noch größerer Mehrheit (366 zu 58) verabschiedet.

Überwältigende Mehrheit für Militärhilfen: Israel und Taiwan gestärkt

Die Auflösung der seit über sechs Monaten anhaltenden Hängepartie bei der Ukraine, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Supermacht USA ausgelöst hatte, war erst durch einen Sinneswandel des Sprechers des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, möglich geworden, der darüber demnächst sein Amt verlieren könnte. Lange Zeit auf der Gegengeraden, folgte der Abgeordnete aus Louisiana dem Mehrheitswillen seiner Fraktion, die Demokraten waren eh dafür und ließ die notwendigen Abstimmungen zu.

Der Kommentar zur Entscheidung:Schwere Geburt mit ungewissen Folgen

„Ich glaube, dass Wladimir Putin seinen Marsch durch Europa fortsetzen würde, wenn es ihm erlaubt würde“, sagte Johnson vor wenigen Tagen. „Ich glaube, er würde in die Balkan-Staaten als Nächstes gehen. Ich glaube, wir könnten einen Showdown mit Polen erleben oder einem unserer anderen Nato-Partner.“ Wenn dies geschähe, „könnten wir uns genötigt sehen, Truppen zu schicken und Alliierte vor Putin zu schützen“.

Sein Sinneswandel brachte die Wende: Mike Johnson
Sein Sinneswandel brachte die Wende: Mike Johnson © AFP | Drew Angerer

Anders als seine ultra-radikalen Parteifreunde hat er Vertrauen in das eigene Militär und die Geheimdienste. „Ich glaube wirklich den Geheimdienst-Berichten und Briefings, die wir bekommen haben.“

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Rechter Flügel der Republikaner scheitern mit Sabotage-Versuch

Dagegen warnte seine schärfste Kontrahentin Marjorie Taylor Greene die Republikaner davor, „das Werkzeug des tiefen Staates“ zu werden, der Kriege unter US-Beteiligung im Ausland liebe. Greene und andere Konservative, allen voran der als Vize-Präsidentschaftskandidat gehandelte Senator J.D. Vance aus Ohio, vertreten die Meinung, dass nur militärische Zurückhaltung Frieden zwischen der Ukraine und Russland schafft. Nach dieser Lesart ist nicht Putin das Problem, sondern Joe Biden, der mit weiteren Militär-Lieferungen einem Friedensschluss im Wege stehe und einen „blutigen Krieg unnötig verlängert“.

Taylor Greene scheiterte kurz vor dem zentralen Votum mit dem Versuch, die Ukraine-Hilfe per Abstimmung auf Null zu setzen. Sie und andere Vertreter des radikalen GOP-Flügels halten die Ausgaben angesichts eines Staats-Defizits von 34 Billionen Dollar für unvertretbar. Bob Good, Wortführer des ultraradikalen Freedom Caucus, der rund 30 Abgeordnete stark ist, warf Mike Johnson vor, den Interessen der Demokraten zu folgen und nicht denen des amerikanischen Volkes. Good ließ dabei außer Acht, dass nach wie vor eine Mehrheit der Amerikaner laut Umfragen Waffenlieferungen an Kiew im Kampf gegen Russland unterstützt.

Das 60 Milliarden-Paket sieht vor, dass 23 Milliarden Dollar davon in die Aufstockung des vielerorts stark dezimierten US-Militär-Arsenals gehen. 14 Milliarden Dollar aus dem Paket gehen in direkte Waffenkäufe für Kiew. Knapp zwölf Milliarden Dollar werden der Ukraine als Darlehen gewährt. Die Forderung hatte insbesondere Donald Trump erhoben. Allerdings könnte Amtsinhaber Biden bei einem Wahlsieg im November die Rückzahlungsverpflichtung aufheben. Nach Pentagon-Angaben hätten die Vereinigten Staaten seit Kriegsbeginn damit allein Hilfen von rund 170 Milliarden Dollar an die Ukraine bewilligt. In einem dritten Gesetz wurde ein Militär-Paket von acht Milliarden Dollar für Taiwan beschlossen.