Neudietendorf. Beim Treffen der ostdeutschen Regierungschefs im thüringischen Neudietendorf (Landkreis Gotha) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vor wachsendem wirtschaftlichen Abstand gewarnt – keine Einigung zu DDR-Sonderrenten erzielt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vor einem wachsenden wirtschaftlichen Abstand zwischen Ost- und Westdeutschland gewarnt. „Es wächst die Ungeduld, dass es nach wie vor strukturelle Unterschiede gibt“, sagte sie nach einem Treffen mit den Regierungschefs der neuen Länder am Mittwoch im thüringischen Neudietendorf auf. Dabei müsse man „erst mal aufpassen, dass sie nicht größer werden“.
Merkel verwies darauf, dass mit der neuen EU-Förderperiode ab 2021 deutlich weniger Fördergeld aus Brüssel nach Ostdeutschland zu fließen droht. Deshalb wollten die Bundesregierung und die ostdeutschen Länder mit einer gemeinsam und intensiv abgestimmten Position in die Gespräche in Europa gehen. „Diese Verhandlungen werden hart, aber wir werden unsere Forderungen mit aller Entschiedenheit vorbringen“, sagte sie.
Merkel äußerte ihr Verständnis über die Sorge der ostdeutschen Länder, dass die Gelder, die bisher über den Solidarpakt II in den Osten flossen, nun über ganz Deutschland verteilt würden. Darüber werde aber gerade in der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ geredet, die im Sommer ihre Ergebnisse vorlegen werde.
Strukturelle Benachteiligung ausgleichen
Die Bundeskanzlerin unterstützte die Forderung aus Ostdeutschland, mehr Bundesbehörden in den neuen Ländern anzusiedeln. Hier gebe es eine klare strukturelle Benachteiligung, sagte sie. Gleichzeitig müsse dabei aufgepasst werden, dass nicht nur die Region um Leipzig und Halle berücksichtigt werde. „Da ist die Sensibilität der Bundesregierung gewachsen,“ erklärte Merkel.
Die Regierungschefin versicherte, dass das neue 5-G-Netz nicht nur den in den Städten ausgebaut werden soll. Sie sei sich mit den Ministerpräsidenten einig, dass man „ein flächendeckendes Netz in hoher Qualität“ brauche, sagte sie.
Rehabilitierung von SED-Opfern hat Vorrang
Keine Zugeständnisse machte Merkel jedoch gegenüber den Ministerpräsidenten bei den DDR-Sonderrenten, die jährlich Milliardenkosten verursachen. Die ostdeutschen Länder verlangen seit langem, dass der Bund diese Kosten als Folge der Wiedervereinigung komplett übernimmt. Die Bundeskanzlerin räumte ein, dass die Forderung in Neudietendorf „sehr massiv“ vorgebracht worden sei. Sie versprach aber nur allgemein, das Thema in die Debatten in Berlin „einbringen“ zu wollen.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der die Konferenz der ostdeutschen Regierungschefs in diesem Jahr vorsitzt, mahnte baldige Entscheidungen an, äußerte sich aber gleichzeitig optimistisch. Man habe sich mit der Kanzlerin nicht über Geld, aber über Perspektiven verständigt, sagte er. „An vielen Stellen werden wir hartnäckig weiter bohren.“
Laut dem Ost-Beauftragte der Bundesregierung soll die Rehabilitierung von SED-Opfern Vorrang vor einer Entlastung der Länder bei den DDR-Sonderrenten haben. Beide Vorhaben stünden im Koalitionsvertrag von Union und SPD, seien jedoch nicht finanziell unterlegt, sagte der Christian Hirte, der auch CDU-Bundestagsabgeordneter aus Thüringen ist.
Angela Merkel bei Ostministerpräsidenten-Konferenz in Thüringen
Himmlisch in Neudietendorf: Die östlichen Ministerpräsidenten in Thüringen
Martin Debes