Berlin. Der Plan, neue Gas- und Ölheizungen zu verbieten, sorgte in der Ampel für Streit. Nun hat sie sich geeinigt. Das wurde beschlossen.
Der Aufschrei war groß, als die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), neue Gas- und Ölheizungen ab 2024 zu verbieten, durchsickerten. Habecks öffentlicher Vorwurf, der Gesetzentwurf sei "bewusst" an "Bild" durchgestochen worden, löste in der Koalition Streit aus. Nun hat sich die Ampel offenbar auf ein deutlich entschärftes Vorgehen geeinigt. Bleibt es dennoch beim Verbot? Gibt es womöglich Ausnahmen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum geplanten Heizungsgesetz.
Verbot neuer Gas- und Ölheizungen: Welche Pläne verfolgte Habeck ursprünglich?
Mit seinem Gesetzesentwurf wollte Wirtschaftsminister Habeck den Umstieg auf klimafreundliche Heizmethoden vorantreiben. Die Pläne für eine Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und mehrere Verordnungen sahen vor, den Einbau von neuen, konventionellen Öl- und Gasheizungen ohne regenerativen Anteil ab Januar 2024 schrittweise zu verbieten.
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Konkret war vorgesehen, dass jede neue Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Das ist zwar auch bei Gas- oder Ölheizungen möglich, allerdings nur wenn man auf sogenannte "Hybridlösungen" setzt, in denen etwa zusätzlich eine Wärmepumpe verbaut ist. Weitere Möglichkeiten wären ab 2024 eine reine Wärmepumpe, Fernwärme oder Pelletsheizungen. Da vor allem Wärmepumpen jedoch deutlich teurer sind als konventionelle Heizsysteme, war die Kritik an den Plänen groß.
Ampel einigt sich auf Heizungsgesetz: Habeck stellt Milliardenförderung in Aussicht
Zwar gibt es eine staatliche Förderung für den Einbau von Wärmepumpen und durch die geringeren Betriebskosten gleichen sich die höheren Preise in der Anschaffung über die Jahre aus. Viele Immobilienbesitzerinnen und -besitzer fürchteten dennoch, sich den Umstieg nicht leisten zu können. Habeck stellte deshalb ein milliardenschweres Förderprogramm in Aussicht – und kündigte Kompromissbereitschaft an.
Vorgesehen war in dem Gesetzentwurf zudem eine neue Laufzeit für bestehende Gas- und Ölheizungen von 30 Jahren nach Einbau. Spätestens ab 2045 sollte deren Betrieb dann endgültig eingestellt werden. Je nach Alter der Gas- oder Ölheizung sollte zusätzlich spätestens ab 2034 ein regenerativer Anteil Pflicht werden – das Ergebnis wäre eine Nachrüst-Pflicht gewesen.
Was bleibt nach der Einigung der Koalition von dem Vorhaben übrig?
Die Uneinigkeit über die Heizungspläne hatte in der Ampel-Koalition zunächst für Streit gesorgt. Dieser wurde beim Koalitionsausschuss Anfang der Woche schließlich beigelegt, Details der Einigung blieben aber zunächst unklar. Laut Bundesfinanzministerium wurden die Pläne schließlich am Freitag von BundeskanzlerScholz (SPD), Wirtschaftsminister Habeck, Finanzminister Lindner (FDP) und Bauministerin Geywitz (SPD) geklärt.
Demnach wird der Einbau von Gas- und Ölheizungen – wie bereits geplant – ab kommendem Jahr nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Grundsätzlich müssen neue Heizungen, egal ob in Neubauten oder alten Häusern, ab dem 1. Januar aber zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
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Welche Ausnahmen gibt es beim Verbot neuer Gas- und Ölheizungen?
Laut der Deutschen Presse-Agentur sind Härtefallregelungen für einkommensschwache Haushalte geplant. Wie genau diese aussehen sollen, ist aber noch offen. Lesen Sie auch: Ölheizung erneuern – So effizient arbeiten moderne Systeme
Zudem wird es eine Ausnahme für ältere Immobilienbesitzer geben: Demnach soll die Pflicht zum Umstellen auf ein nachhaltiges Heizsystem für Eigentümer über 80 entfallen. Geht ihre Öl- oder Gasheizung kaputt, kann sie durch eine ebensolche ersetzt werden. Wird das Haus jedoch vererbt oder verkauft, greift das neue Recht mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren.
Dürfen bestehende Gas- und Ölheizungen weiter betrieben werden?
Ja, denn eine Pflicht zum Austauschen alter Anlagen soll es den aktuellen Plänen der Bundesregierung zufolge nicht geben. Vielmehr können diese auch nach dem 1. Januar 2024 weiterbetrieben und auch repariert werden. Bei einer Reparatur gilt jedoch: Innerhalb von drei Jahren muss die Heizung nachgerüstet werden, um das 65-Prozent-Ziel zu erfüllen. Möglich wäre zum Beispiel, die konventionelle Gasheizung mit einer Wärmepumpe zu ergänzen. Diese wäre dann die Primärheizung, Gas würde nur noch ergänzend genutzt.
Dürfen in Zukunft nur noch Wärmepumpen neu eingebaut werden?
Nein, auch andere als erneuerbar eingestufte Heizsysteme sind denkbar. Grundsätzlich soll den beteiligten Ministerien zufolge Technologieoffenheit herrschen. So können Verbraucherinnen und Verbraucher beispielsweise Solarthermie nutze, auf Biomasse setzen oder den Anschluss an ein Wärmenetz in Erwägung ziehen.
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Auch sogenannte H2-Ready-Systeme, also Gasheizungen, die komplett auf Wasserstoff umrüstbar sind, dürfen dem Gesetzentwurf zufolge eingebaut werden. Dafür muss es allerdings einen verbindlichen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze geben und die Heizungen müssen schon 2030 mit mindestens 50 Prozent Biomethan und spätestens ab 2036 mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden. Fachleute warnen mit Blick auf diese Möglichkeit vor hohen Kosten. Auch interessant: Ölheizung vs. Wärmepumpe – Rechnung zeigt, was günstiger ist
Im Video: So funktionieren Wärmepumpen

Welche Förderung gibt es für eine neue Heizung?
Die Bundesregierung hat angekündigt, Bürgerinnen und Bürger bei der Umstellung auf klimafreundliche Heizsysteme zu unterstützen. Die Details, insbesondere die Höhe der Förderung, sind aber noch nicht bekannt. Aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums heißt es, es werde eine Art Abwrackprämie für alte Heizungsanlagen geben, die nach dem Alter der auszutauschenden Anlagen gestaffelt ist. Mehr zum Thema: Ölheizung ersetzen – Diese Förderungen gibt es vom Staat
Zusätzlich gibt es ohnehin eine Förderung für den Einbau einer Wärmepumpe. Im Maximum können dabei bis zu 40 Prozent der Kosten übernommen werden. Damit liegen die Anschaffungskosten für eine Wärmepumpe kaum noch über denen für eine Ölheizung. Etwas geringere Förderungen gibt es auch für Kombinationen aus Ölheizungen und Wärmepumpe. Zur Wahrheit gehört aber auch: Für die vollen Fördersummen müssen zumeist mehrere Auflagen erfüllt werden. Den "Heizungs-Tausch-Bonus" für die alte Gas- oder Ölheizung gibt es etwa nur bei der Außerbetriebnahme der alten Anlage.
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Wie fallen die Reaktionen auf den Heizungskompromiss der Ampel aus?
Das Bundesfinanzministerium von FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich nach der Einigung zufrieden. "Statt Zwang setzt die Koalition auf Anreize", hieß es aus dem Ministerium am Samstag. So gebe es nun "keinen zusätzlichen rechtlichen Zwang, eine funktionierende Heizungsanlage vorzeitig zu ersetzen". Zudem werde nun darauf verzichtet, eine "heute sehr teure Technologie wie die Wärmepumpe rechtlich vorzuschreiben". Stattdessen setze das geplante neue Gebäudeenergiegesetz auf "echte Technologieoffenheit".
Kritischer zeigt sich die Union: Die Einigung sei für die Bürger eine "große Enttäuschung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der "Rheinischen Post". Nach wie vor sei nicht klar, wie der Umbau der Heizungen bezahlt werden solle. CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach gegenüber der dpa von "Klimaschutz mit der Brechstange".
Grünen-Chefin Ricarda Lang verteidigte das Gebäudeenergiegesetz der Ampelkoalition gegen wachsende Kritik. Sie sprach von einem "echten Durchbruch" beim Klimaschutz. "Heizen in Deutschland wird erneuerbar. Endlich haben Hersteller und Handwerker, aber auch die Bürgerinnen und Bürger echte Planungssicherheit", sagte Lang dieser Redaktion. "Als Bundesregierung senden wir damit ein wichtiges Signal: Die Wärmeversorgung in diesem Land bleibt sicher und dauerhaft bezahlbar – umso mehr, als wir für soziale Abfederung sorgen."
Dem widersprach Linken-Chefin Janine Wissler. "Die Beschlüsse der Ampel zur sozialen Abfederung der Wärmewende bleiben vage. Notwendig wäre ein Förderprogramm, um den Einbau klimafreundlicher Heizungen zu beschleunigen und die Belastungen für Mieter und Eigenheimbesitzer zu minimieren", sagte sie dieser Redaktion. "Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass Zusatzkosten für nachhaltiges Heizen nicht auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden."
Deutschlands Landkreise haben mit Blick auf die Entscheidung der Ampel einen kompletten Stopp der Pläne für einen Austauschzwang für Gas- und Ölheizungen gefordert. "Wir brauchen längere Übergangsfristen und keinen Austauschzwang: Wer heute eine funktionierende Heizung in Haus oder Wohnung hat, muss diese nutzen können, bis sie kaputtgeht, Punkt", sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
(mit dpa/afp)