Berlin. Bei „Maybrit Illner“ ging es eigentlich um das Ibiza-Video. Interessant wurde es aber erst, als ein AfD-Aussteiger den Parteichef attackierte.

Heinz-Christian Strache ist weg, die Rechtsaußen-Regierung seiner FPÖ mit Sebastian Kurz ebenso: In Österreich hat die sogenannte Ibiza-Affäre um ein heimlich aufgenommenes Video, in dem Strache Staatsaufträge für Wahlkampfhilfe verspricht, weitreichende Folgen.

Doch schadet die Aufnahme auch den anderen Rechtspopulisten in Europa, etwa der AfD? Diese Frage stellte am Donnerstagabend Maybrit Illner ihren Gästen.

Maybrit Illner: Das waren die Gäste

  • Wilfried Haslauer (ÖVP),
  • Alexander Gauland (AfD),
  • Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP),
  • die Journalistinnen Barbara Tóth und
  • Nadine Lindner sowie der frühere
  • AfD-Politiker Jörn Kruse.

Diskussion bei Illner: Hat das Strache-Video Folgen für die AfD bei der Europawahl?

Auf eine definitive Antwort auf besagte Leitfrage wollte sich in der Runde niemand so recht festlegen. Wie auch? Die möglichen Folgen des Ibiza-Videos werden frühestens am Sonntag sichtbar werden, wenn die Ergebnisse der Europawahl feststehen. Nur Nadine Lindner vom Deutschlandradio ließ relativ eindeutig durchblicken, dass sie keine negativen Folgen für die AfD erwartet.

Bemerkenswert für den österreichischen Teil der Debatte war, wie Wilfried Haslauer die Koalition zwischen seiner ÖVP und der FPÖ rechtfertigte. Klar, der Regierungspartner sei ständig am „braunen Rand langgestreift“, räumte der ÖVP-Parteivorstand ein. Auch hinterlasse deren politisches Umfeld einen üblen Nachgeschmack. Aber: Die Koalition habe inhaltlich doch gut gearbeitet. Der Zweck heiligt also die Mittel. Was für ein schräges Politikverständnis. Warum Rechtspopulisten beim FPÖ-Skandal nur Schultern zücken, kommentiert unser Autor.

Attacken gegen Alexander Gauland

Für die deutsche Perspektive auf die Causa war der Auftritt von Jörn Kruse interessant. Er war bis 2018 AfD-Landeschef in Hamburg - und trat schließlich unter Protest gegen den Rechtsruck in der Partei aus. In der Debatte machte er Gauland schwere Vorwürfe: Dieser ignoriere die rechtsextremen Tendenzen in der Partei und sorge so dafür, dass die AfD koalitionsunfähig bleibe. „Gauland hält die Hand über Leute, die ich für inakzeptabel halte“, sagte Kruse etwa mit Blick auf Björn Höcke. Im Januar 2019 sagte Gauland über ihn: „Höcke hat eine übersteigerte Liebe zu diesem Land.“

Zugleich machte Kruse indirekt deutlich, dass er die AfD für gefährlicher hält als die FPÖ. Letztere sei im Unterschied zur AfD im Kern gut im bürgerlichen Milieu verankert. Ob es soetwas wie das Ibiza-Video auch in der Partei von Gauland geben könne? Nein, das glaube er nicht, antwortete Kruse. Aber man wisse ja nie.

Gelächter im Publikum, als Gauland über Höcke spricht

Der so gescholtene konnte die Kritik natürlich nicht verstehen. „Ich weiß gar nicht, wovon ich mich da distanzieren soll“, antwortete der AfD-Chef. Natürlich gebe es rechtsextreme Tendenzen in der Partei. Die aber würden mit Ausschlussverfahren bedacht.

Komisch nur, dass diese Maßnahmen ein paar Querulanten, nicht aber den thüringischen AfD-Landeschef treffen. Dabei hat der sich immer wieder als extremer Rechter positioniert, etwa mit seinen Äußerungen über das Holocaust-Mahnmal. „Björn Höcke ist kein Rechtsextremer“, behauptete Gauland. Er sei vielmehr ein „Nationalromantiker“. Gelächter im Publikum. An dieser Stelle darf kann man sich auch an eine Aussage erinnern. Höcke sagte 2017, dass Hitler nicht das absolut Böse sei.

Maybrit Illner vom Donnerstag - Das Fazit

Diese Ausgabe von „Maybrit Illner“ war nicht gerade stark. Das hatte einen einfachen Grund: Zum Ibiza-Video wurde in den vergangenen Tagen sehr viel gesagt und geschrieben. Und so war kaum ein Gedanke zum eigentlichen Thema der Sendung so richtig neu.

Am Ende ging es deswegen viel um die AfD. Das war phasenweise unterhaltsam, aber nicht so richtig erhellend. Und so war es unterm Strich fast am bemerkenswertesten, wie offen Alexander Gauland zwischendurch seinen Umgang mit den Rechtsnationalen erklärte: „Man muss die Flügel zusammenhalten“, sagte der Parteichef. Das war wenigstens ehrlich.

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