Erfurt. Der 39-jährige Robert-Martin Montag ist der „Spitzenkandidaten Ost“ der Liberalen und will ins EU-Parlament.

Mitten im Wahlkampf passiert’s. Robert-Martin Montag (39) kommt mit dem Schrecken davon, als bei seinem Fahrzeug auf einer Wahlkampftour der Reifen platzt und der Wagen in der Leitplanke einschlägt.

Tausende Kilometer hat der gebürtige Ruhlaer in den vergangenen zehn Wochen mit dem Auto abgespult. Seit April ist er dafür von seinem Arbeitgeber freigestellt. Der Thüringer kandidiert für das Europaparlament und hat es als Vertreter der ostdeutschen Landesverbände der FDP auf den aussichtsreichen Listenplatz 7. Deshalb führt ihn sein Wahlkampf von Schwerin über Dresden nach Halle, Erfurt oder Suhl – und wieder zurück. Im Tagestakt. „Die meiste Zeit verbringe ich wohl derzeit am Hermsdorfer Kreuz“, sagt er scherzhaft bei einem Kurzbesuch in Weimar.

Montag, 39 Jahre alt und Vater einer Tochter, steht an der Schwelle in die Berufspolitik. Gerade noch leitet er den Kreisverband Eisenach und hat sich Meriten verdient, weil er die Thüringer Liberalen nach deren desaströsen Landtagswahlergebnis programmatisch neu aufgestellt hat. Kurz zuvor, 2013, war er in den Landesvorstand gewählt worden.

„Wir sind hier im Osten nicht abgehängt“

Eine erste Amtshandlung nach dem Landtagsauszug – er arbeitete als Referent in der FDP-Fraktion – seiner Partei: Die Fachausschüsse der Partei wurden für Nichtmitglieder geöffnet. Jeder, sagt Montag, habe seine Ideen für eine liberale Gesellschaft einbringen können.

„Wir wollten damit deutlich machen, dass wir nicht der Meinung, den richtigen Liberalismus für uns gepachtet zu haben“, sagt er. Der Partei in Thüringen hat das Aufschwung beschwert – und Montag Bekanntheit. Im vergangenen Jahr ist er, der beruflich aus der Medizinbranche kommt, zum stellvertretenden Vorsitzenden des Bundesfachausschusses Gesundheit der Partei berufen worden. Was für ihn Europa bedeutet? „Europa ist etwas, dass aus den Regionen heraus wachsen muss“, sagt er. Dinge, die auf nationalstaatlicher Ebene geregelt werden können, sollten auch da geregelt werden. Vertrauen der Partner sei wichtig, so Montag. Deshalb müssten Gesprächsformate wie das „Weimarer Dreieck“ ausgebaut werden.

Und mit einem besonderen Blick auf den Osten sagt er: „Wir sind hier nicht abgehängt, wie es uns politische Mitbewerber ständig glauben lassen wollen.“ Er berichtet von seinen Wahlkampftouren, auf denen er viel innovative Kraft gesehen habe. Die gelte es, in den Markt zu implementieren. Dafür müssten die Voraussetzungen geschaffen werden. „Ostquote“ und mehr Verwaltung in den neuen Bundesländern – das bringt aus seiner Sicht nichts.

Klare Position gegen „Ostquote“

In wenigen Tagen wird Montag wissen, ob sein Mammutwahlkampf durch alle ostdeutschen Landesverbände etwas gebracht hat und er den Einzug ins EU-Parlament schafft. Etwas schüchtern, dafür umso ehrlicher, gesteht er ein, dass es ihm als einem ehrenamtlichen Politiker manchmal noch etwas unwirklich vorkommt, wenn er plötzlich auf der Bühne mit FDP-Chef Christian Lindner, EU-Spitzenkandidatin Nicola Beer und der neuesten liberalen Hoffnungsträgerin, Generalsekretärin Linda Teuteberg, steht und sie gemeinsam versuchen, die Menschen mit ihrer liberalen Begeisterung anzustecken.

Eines begeistert ihn schon jetzt: „Egal wo ich hinkomme, alle zeigen einen wunderbaren Teamgeist.“ Er sei eben nicht der Thüringer Liberale, der nach Brüssel wolle – die Parteifreunde in den anderen Landesverbänden würden ihn als ihren gemeinsamen „Spitzenkandidaten Ost“ wahrnehmen. Montag begeistert dieser Einsatz. „Sie kämpfen alle für ihre Überzeugungen“, sagt er.

Distanz zwischen Brüssel und Erfurt abbauen

Thüringen wird er auch im Falle eines Einzuges ins EU-Parlament nicht verloren gehen. Am 15. Juni soll er zum neuen Generalsekretär der Landespartei gewählt werden und dann mit dem Landesvorsitzenden Thomas L. Kemmerich die FDP-Spitze bilden, wenn es in die heiße Phase des Landtagswahlkampfes geht. „Dieser Vorschlag ist aber auch Zeichen, dass wir die Distanz zwischen Brüssel und Erfurt abbauen wollen“, sagt Montag, der im Falle des Wahlerfolgs am Sonntag der erste EU-Abgeordnete der Thüringer FDP wäre. Dass er bei dieser Europawahl der Thüringer mit den besten Chancen ins Parlament einzuziehen ist, dass nimmt er lächelnd zur Kenntnis.

Bis dahin wird er noch einige Wahlkampfveranstaltungen absolviert haben und Tausende Kilometer mit dem Auto unterwegs gewesen sein. Nach dem Unfall bei Berlin hat ihn ein Parteifreund sofort bei der Neubeschaffung des Wagens unterstützt. Der läuft jetzt seit etwas mehr als einer Woche – und hat knapp 5000 Kilometer auf dem Tacho stehen.

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