Brüssel. Die EU will mit verschärften Preisaufschlägen den C02-Ausstoß reduzieren – was auf Verbraucher zukommt, wo Deutschland Vorreiter ist.

Höhere Preise statt Verbote: Mit verschärften Preisaufschlägen für klimaschädliche Energie will die Europäische Union Konsumenten und Hersteller in Deutschland und Europa in den nächsten Jahren zu mehr Klimaschutz zwingen. Die Folgen werden weitreichend sein, für die Industrie genauso wie für Verbraucher: Strom, Heizen und Tanken wird europaweit in vielen Fällen Jahr für Jahr teurer.

Die Weichen stellte am Dienstag das EU-Parlament: Es beschloss ein Gesetz, mit dem der Emissionshandel in den nächsten Jahren deutlich verschärft wird, der Preis pro Tonne C02 wird damit steigen. Das Prinzip: Schon seit 2005 müssen energieintensive Industrieunternehmen, Strom- und Wärmeproduzenten in der EU für das von ihnen ausgestoßene Kohlendioxid Emissionszertifikate kaufen. Der Preis für den C02-Ausstoß ist ein Anreiz, klimafreundlicher zu produzieren und Energie zu sparen. Dieses marktwirtschaftliche Verfahren gilt als Herzstück der europäischen Klimaschutzpolitik.

In Deutschland spülte der Handel mit den Verschmutzungsrechten voriges Jahr 13 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt. Mit der neuen Richtlinie dreht die EU nun kräftig an dieser Preisschraube und weitet den Kreis der Betroffenen aus. Zum einen wird die Zahl der Zertifikate schrittweise reduziert, womit der Preis steigen wird. Kostenlose Zertifikate für besonders C02-intensive Industriebranchen werden innerhalb von zehn Jahren ganz abgeschafft. Bis 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen der einbezogenen Branchen um 62 Prozent unter denen des Jahres 2005 liegen.

Preisaufschläge für Verkehr und Gebäude: In Deutschland gibt es kein Zurück mehr

Zudem fallen ab 2027 auch der Straßenverkehr und die Wärmeerzeugung unter das C02-Preisregime – also Tanken und Heizen. Allerdings: In Deutschland sind Verkehr und Gebäude bereits seit 2021 mit einem nationalen Gesetz in den Emissionshandel einbezogen, in den nächsten drei Jahren wird sich der Liter Benzin damit hierzulande um etwa 8 Cent verteuern. Besitzer von Öl- und Gasheizungen oder von Autos mit Verbrennungsmotor haben nun allerdings Gewissheit, dass es in Deutschland kein Zurück mehr bei den Preisaufschlägen für fossile Energie geben wird. Nach dem europäischen Plan werden die Preissprünge an den Tankstellen zunächst moderater bleiben als im deutschen Gesetz vorgesehen.

Am blauen Himmel fliegt ein Flugzeug und hinterlässt Kondensstreifen. Der innereuropäische Flugverkehr soll künftig konsequenter in den Emissionshandel einbezogen werden.
Am blauen Himmel fliegt ein Flugzeug und hinterlässt Kondensstreifen. Der innereuropäische Flugverkehr soll künftig konsequenter in den Emissionshandel einbezogen werden. © dpa | Patrick Pleul

Einbezogen in den Emissionshandel wird nun konsequenter der innereuropäische Luftverkehr, was Fliegen verteuern wird, und erstmals auch der Seeverkehr: Allein die Verschmutzungsrechte für Schiffe würden bis 2030 35 mal so viel C02 einsparen wie die umstrittenen C02-Regeln für Pkw, erklärte der CDU-Umweltpolitiker Peter Liese, der das Gesetz federführend für das Parlament mit den EU-Staaten ausgehandelt hatte. Er nennt die neuen Regeln „das größte Klimaschutz-Gesetz aller Zeiten“.

Die Einnahmen aus den neuen Verschmutzungsrechten für Verkehr und Gebäude sollen überwiegend in einen Klimasozialfonds fließen: Mit dem Geld aus diesem Topf sollen die EU-Staaten dann Haushalten und Unternehmen helfen, die gestiegenen Kosten abzufedern – Details sind offen und sollen später auf nationaler Ebene geregelt werden.

Die Grünen im EU-Parlament forderten zusätzliche EU-Gelder für den Sozialfonds: „Es ist enttäuschend, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen und viele Mitgliedsstaaten die wirtschaftlichen Probleme vieler Menschen ignorieren“, sagte der Sprecher der deutschen Grünen-Abgeordneten, Rasmus Andresen. Damit europäische Unternehmen weiter im internationalen Wettbewerb bestehen können, will die EU zudem eine Art C02-Zoll für Importe einführen: Außereuropäische Produzenten müssen eine Abgabe zahlen, wenn sie in der EU energieintensive Produkte wie Stahl, Zement oder Aluminium verkaufen wollen, die nicht nach den europäischen Klimaschutzstandards hergestellt wurden.