London. Als erstes Land liefert Großbritannien Waffen mit großer Reichweite an die Ukraine – und stellt Putin damit vor ein neues Problem.

Das Versprechen kam bereits im Februar. Als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Beginn des Jahres zu einem Überraschungsbesuch in London auftauchte, hatte Premierminister Rishi Sunak ihm zugesichert, Waffen mit größerer Reichweite zu liefern. Am Donnerstag bestätigte der britische Verteidigungsminister, dass Großbritannien dieses Versprechen eingelöst hat.

Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow seien bereits in der Ukraine angekommen oder auf dem Weg dorthin, sagte Ben Wallace. Die Waffen bieten der Ukraine „die beste Möglichkeit, sich gegen die brutalen Angriffe Russlands zu verteidigen – insbesondere die gezielten Attacken auf die zivile Infrastruktur der Ukraine, die gegen das Völkerrecht verstoßen.“

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Die Marschflugkörper – ein Exemplar kostet mehr als zwei Millionen Pfund – werden im Vorfeld der ukrainischen Frühlingsoffensive geliefert, die in den kommenden Wochen erwartet wird. Ein ranghoher US-Militär sagte, dass die Waffen wegen ihrer hohen Reichweite ein „Gamechanger“ seien. Die „Storm Shadows“ können Ziele in einer Entfernung von mehr als 250 Kilometern treffen.

„Storm Shadows“ können Ziele in 250 Kilometern Entfernung treffen

Die bisher von der Ukraine eingesetzten, von den USA gelieferten Himars-Raketenwerfer haben nur eine Reichweite von 80 Kilometern. „Storm Shadows“ können von Kampfflugzeugen oder von Schiffen abgefeuert werden und strategische Ziele – wie etwa befestigte Bunker – zerstören. Sidharth Kaushal vom militärischen Thinktank Royal United Services Institute in London sagte, dass die Lieferung der Raketen in zweifacher Hinsicht bedeutsam sei.

Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow erreichen Ziele in 250 Kilometern Entfernung.
Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow erreichen Ziele in 250 Kilometern Entfernung. © Wikimedia/David Monniaux/CC BY-SA 3.0 | Wikimedia/David Monniaux/CC BY-SA 3.0

Erstens könne das ukrainische Militär damit russische Waffendepots treffen: Vergangenes Jahr, nachdem die USA mit der Lieferung von Himars-Marschflugkörpern begonnen hatte, reagierte Russland prompt: Es verlegte seine Arsenale außerhalb der Reichweite dieser Waffen.

Zweitens, so Kaushal, könnten „Storm Shadows“ russische Schiffe im Hafen von Sewastopol auf der Halbinsel Krim treffen. Von diesen Schiffen aus hat das russische Militär Raketen auf die Ukraine abgefeuert. Nichtsdestotrotz habe Kiew versichert, dass sie keine Ziele auf russischem Gebiet ins Visier nehmen würden, obwohl das mit den „Storm Shadows“ möglich wäre.

Großbritannien ist nach den USA der zweitwichtigste Lieferant von militärischer Hilfe an die angegriffene Ukraine. Immer wieder ist London vorangegangen mit der Lieferung von hochentwickelten Waffen – zum Beispiel Panzerabwehrraketen. Die USA haben es bislang abgelehnt, Marschflugkörper mit größerer Reichweite zu liefern. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace versicherte jedoch, dass die USA hinter dem Storm-Shadows-Entscheid stünden.

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