Erfurt. Trotz massiver Verluste bei den Europa- und Kommunalwahlen darf die Linke weiter auf einen Sieg bei der Landtagswahl im Herbst hoffen.

Nach einer Umfrage des Erfurter Meinungsforschungsinstituts Insa für diese Zeitung liegt die Partei mit 25 Prozent weiterhin nahezu auf Augenhöhe mit der CDU, die auf 26 Prozent kommt. Ansonsten: Die AfD erhält 20 Prozent, die SPD 11 Prozent; die Grünen liegen bei 8 Prozent und die Liberalen bei 5 Prozent.

Der linken Landesspitze dürften diese Ergebnisse etwas Entlastung verschaffen: Bei den Abstimmungen am vergangenen Sonntag hatte die Partei jeweils mehr als acht Prozentpunkte verloren und landete bei etwa 14 Prozent. Dies war, einschließlich der PDS-Resultate, ihr schlechtestes Ergebnis seit 1990.

Wen würden die Menschen in Thüringen direkt als Ministerpräsidenten wählen. Grafik: Andreas Wetzel
Wen würden die Menschen in Thüringen direkt als Ministerpräsidenten wählen. Grafik: Andreas Wetzel © zgt

Auf Landesebene, wo sie regiert, wird die Linke jedoch völlig anders bewertet. Vor allem die Popularität ihres Ministerpräsidenten dürfte sie nach oben ziehen. So würden 39 Prozent der Befragten Bodo Ramelow zum Regierungschef wählen. Die Werte von CDU-Landes- und Fraktionschef Mike Mohring (13 Prozent) und AfD-Landeschef Björn Höcke (7 Prozent) fallen dagegen stark ab.

Dennoch bleibt diese Frage theoretisch: Auch der thüringische Ministerpräsident wird bekanntlich vom Parlament gewählt. Eine Mehrheit der Abgeordneten dort muss ihn stützen.

Ausgang im Herbst bleibt völlig offen

Für die Erhebung hatte das Insa-Institut in der vergangenen Woche 1029 volljährige Menschen in Thüringen befragt. Die Angaben sind damit repräsentativ. Die Fehlertoleranz beträgt bis zu drei Prozentpunkte.

Auch wenn die aktuelle rot-rot-grüne Koalition mit 44 Prozent der Stimmen weiterhin keine Mehrheit im Parlament besäße, ist der Ausgang der Wahlen damit völlig offen. Dies zeigen darüber hinaus die großen Potenziale, die fast alle Parteien besitzen.

So können sich zusätzlich 14 Prozent der Befragten „grundsätzlich vorstellen“, die Linke zu wählen. Bei der CDU liegt dieser Wert bei 10 Prozent – und bei der SPD sogar bei 19 Prozent. Auch Grüne (18 Prozent) und FDP (14 Prozent) schöpfen längst nicht ihre Möglichkeiten aus, während die AfD mit drei Prozent zumindest laut der Umfrage nur noch wenig Luft nach oben hat.

Ministerpräsident Ramelow hatte sich nach dem Wahlsonntag betont gelassen mit Blick auf den Herbst gegeben. Die Lehre sei für ihn: „Wo die Kandidaten stimmen, werden sie auch gewählt.“ Das habe sich vor allem in den Kommunen gezeigt, aber auch in der Bürgerschaftswahl in Bremen. Insofern bleibe er für die Landtagswahlen am 27. Oktober optimistisch.

Mohring, der Ramelow an der Spitze der Landesregierung ablösen will, macht ausschließlich den Bundestrend für die anhaltend schlechten Werte der Thüringer Partei verantwortlich. Spätestens mit dem Wahlabend am Sonntag begann er zudem, sich von der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer zu distanzieren.

In dieser Zeitung und mehreren Fernsehsendungen kritisierte der CDU-Landesvorsitzende das „Kommunikationsdesaster“ im Umgang mit dem Youtuber Rezo und die Äußerungen der Bundeschefin zur Regulierung von Meinungsäußerungen im Wahlkampf. Gleichzeitig beklagte er die ausstehende Entscheidung bei den Themen Grundrente und Solidaritätszuschlag. Die CDU hätte derzeit nur in einer Vier-Parteien-Koalition mit SPD, Grünen und FDP eine knappe Mehrheit.

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