Arnstadt. A-cappella-Konzert der Singer Pur mit Musik um Günther den Streitbaren begeisterte in der Arnstädter Liebfrauenkirche

Es war ein erhebender Moment, als die ersten Klänge der sechsstimmigen Marien-Liturgie in den gotischen Himmel der Liebfrauenkirche emporstiegen. Selten hat man eine so innige Verbindung von Musik und Klangraum erleben dürfen, wie an diesem Freitagabend in der Liebfrauenkirche.

Das A-cappella-Konzert der Singer Pur im Rahmen des Festivals Alter Musik Thüringen „Güldener Herbst“ überzeugte in jeglicher Hinsicht. Der famose Chor führte religiöse Musik der Renaissance auf, die von berühmten Meistern wie Josquin Desprez, Philippe de Monte, Orlando di Lasso und Francisco Guerrero, aber auch von unbekannteren wie George de la Hèle und Alard Du Gaucquier stammte. Das Raffinierte an dieser Zusammenstellung zeigte sich daran, dass die Einzelteile der Messe eine komplette Marien-Liturgie rekonstruierten, ideal passend zur Liebfrauenkirche. Die Innigkeit dieser unter die Haut gehenden Musik spiegelte sich in der hochgetürmten Gotik des Chores der Liebfrauenkirche. Die prächtige Polyphonie wiederum passte sowohl zur Kanzel aus dem Stil der Hochrenaissance, die in Thüringen in spielerischem Manierismus ausartete, als auch zum prunkvollen Epitaph für Arnstadts Renaissance-Herrscher Günther der Streitbare und seine Ehefrau Katharina von Nassau-Dillenburg.

Es war für den historisch Interessierten auch deshalb ein großartiges Erlebnis, der Musik von Singer Pur zu lauschen, weil diese religiöse Musik sämtlich aus den kostbaren Chorbüchern von Paris und Antwerpen stammte, die sich im Besitz Günther des Streitbaren befanden. Offenbar hatte dieser sie dereinst von den Habsburgern als Dank für seine erfolgreiche Tätigkeit als Kriegsminister bei Kaiser Karl V. erhalten.

Diese großformatigen Chorbücher aus der Oberkirchenbibliothek, die sich im Eigentum der Evangelischen Kirchengemeinde Arnstadt befinden und im Landesmusikarchiv Weimar aufbewahrt werden, konnten vor und nach dem Konzert besichtigt und eingesehen werden. Überdies hatte es vor dem Konzert der Singer Pur noch einen Einführungsvortrag von Christoph Meixner gegeben, in dem über die Hintergründe dieser wertvollen Chorbücher informiert wurde.

Das Konzert der Singer Pur wurde zu einem weiteren Höhepunkt der Arnstädter Musikgeschichte. Es zeigte sich in dem betörend schönen Konzert, dass der erste musikalische Höhepunkt der europäischen Musikgeschichte nicht erst bei Johann Sebastian Bach liegt, sondern bereits in der Hochkultur der Renaissance mit ihrer prächtigen Polyphonie. Arnstadt ist also nicht nur baulich, sondern auch musikalisch eine Bach- und Barockstadt und ein kulturelles Zentrum der Renaissance.

Das A-cappella-Konzert, das Innigkeit mit prächtigster Polyphonie verband, wurde mit minutenlangem Beifall beantwortet. Als berührende Zugabe gab es einen englischen Beitrag aus der Feder der Vorläufer der Singer Pur, der Take 6, der zeigte, dass die Singer Pur nicht nur mit den Wassern der Renaissancemusik gewaschen sind.