Arnstadt. Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (B90/Grüne) besucht den Verein L’amitié in Arnstadt.

Wird mein Berufsabschluss in Deutschland anerkannt? Wie bekomme ich eine Wohnung? Wo finde ich einen Kindergartenplatz? Welche Rechte und Pflichten habe ich in der Bundesrepublik? Es sind diese und noch viele weitere Fragen mit denen sich Zuwanderer auseinander setzen müssen. Hilfe finden sie bei der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE).

Im Ilm-Kreis gibt es mehrere solcher Beratungsstellen, so beim Flüchtlingsnetzwerk in Ilmenau und den Maltesern in Arnstadt. Auch der Verein L’amitié bietet MBE an. „In Gotha gibt es uns schon seit 1991“, erzählt Vereinsvorsitzender Ernst-Martin Stüllein und ergänzt: „Der aus dem Französischen geprägte Begriff ,L’amitié‘ bedeutet übersetzt ,Freundschaft‘ und kennzeichnet das Hauptanliegen unserer Tätigkeit – das Schaffen einer Begegnungsstätte für deutsche und ausländische Mitbürger.“

6200 Mitbürger mit ausländischen Wurzeln

Nach Arnstadt kam man 2015, bezog Räume am Parkweg. „Wir haben uns an die Prager Schule angedockt, weil diese ja auch die Integrationskurse laufen“, so Stüllein. Mit 0,25 Stellen begann man, heute sind es 1,25 Stellen und eigentlich nicht genug. „Die notwendigen Fallzahlen waren schon zur Jahreshälfte erreicht“, sagt Daniela Mückenheim, Integrationsmanagerin des Landkreises.

Auch sie war am Mittwoch dabei, als Thüringens Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Dieter Lauinger (B90/Grüne) erstmals am Arnstädter Standort vorbeischaute. „In Gotha war er schon öfters. Es ist schön, dass sich ein Minister für die von seinem Ministerium geförderten Projekte anschaut“, freut sich Ernst-Martin Stüllein. Gekommen war auch sein Beratungsteam aus Gotha und Arnstadt. Die Truppe ist so international wie das Klientel. Sie kommen aus Afghanistan, Russland, Iran oder Eritrea. Manche sind fest angestellt, andere leisten Bundesfreiwilligendienst, andere sind Praktikanten. „Wir nutzen das, um die Sprache und die sozialen Kompetenzen zu fördern und Kontakte zu knüpfen“, erzählt Stüllein. Dass viele im Team selbst eine Migrationshintergrund haben, helfe bei der Arbeit.

Es sind übrigens längst nicht nur Geflüchtete, welche die Hilfe der Beratungsstelle in Anspruch nehmen. „Es kommen zunehmend auch EU-Ausländer, vor allem aus Osteuropa“, sagt Stüllein. „Wir haben zwei Briten, die infolge des Brexit die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen wollen.“

Drei Jahre lang können Zuwanderer die Hilfe der Beratungsstelle nutzen. Sie berät unter anderem zu Fragen der Einbürgerung, Familienzusammenführung und Berufsabschlussanerkennung, begleitet zu Behörden oder hilft bei Wohnungs- oder Jobsuche. „Wir sind hier gut vernetzt“, sagt Stüllein, „und einer von wenigen MBEs, die eine Kooperation mit der Agentur für Arbeit hat.

Im Ilm-Kreis leben laut Daniela Mückenheim rund 6200 Menschen mit ausländischen Wurzeln. Die gute Hälfte davon könnte die Beratungsdienste in Anspruch nehmen. Diese sind freiwillig. „Wir werben natürlich an den entsprechenden Stellen wie der Ausländerbehörde für unser Angebot“, so Stüllein.

Als größtes Problem geben er und Daniela Mückenheim dem Minister die Situation auf dem Wohnungsmarkt mit auf dem Weg. Es sei immer schwerer geeigneten Wohnraum zu finden, vor allem für Flüchtlinge, die nach erfolgter Anerkennung die Gemeinschaftsunterkünfte eigentlich verlassen müssten. „Es fehlt besonders an Ein-Raum-Wohnungen für Alleinlebende und an großen Wohnungen für Familien“, sagt Daniela Mückenheim. So stehe der Ilm-Kreis aktuell vor der Herausforderung, bis kommenden Mai die Unterkunft auf dem Arnstädter Rabenhold räumen zu müssen und für die dort lebenden rund 100 Menschen eine neue Bleibe zu finden. In Arnstadt, wo etwa 70 Prozent der Flüchtlinge im Ilm-Kreis untergebracht seien, sei die Wohnungssituation noch angespannter als in Ilmenau. Doch auch ein größeres Objekt für eine neue Gemeinschaftsunterkunft ließe sich nur schwer finden.

„Thüringen braucht Zuwanderung, um unseren Wohlstand zu halten“, macht Dieter Lauinger deutlich. Schon jetzt fehlten schließlich vielerorts Arbeitskräfte. Sprache sei dabei die entscheidende Grundlage für eine gelingende Integration. Thüringen sei ein sicherer Ort für Menschen in Not, erwarte aber auch, dass diese sich integrierten.