Arnstadt. In 107 Tagen schafft es Heimbert Fleischer zu Fuß nach Santiago de Compostela. Nun berichtet er von seinen Erfahrungen in zwei Vorträgen.

Pilgern liegt im Trend. Immer mehr Menschen machen sich auf den Weg, nehmen sich eine Auszeit, wollen innere Einkehr finden oder in einen neuen Lebensabschnitt starten. Gerade reisten zwei Männer aus Elleben mit der Kutsche Richtung Spanien. Heimbert Fleischer ist hingegen bis Santiago de Compostela gelaufen – unglaubliche 2980 Kilometer.

Den Wunsch zu diesem Abenteuer trug er lange in sich. 1999 berichteten in Arnstadt die beiden Niederländer Henny Willemsen und Cor Dam aus einer befreundeten Kirchgemeinde, wie sie mit ihrem Hund Max von Bussum (nahe Amsterdam) nach Spanien pilgerten. Sie weckten einen Traum, den zu erfüllen sich für Heimbert Fleischer nun Gelegenheit bot.

Am 15. März wurde der 63-Jährige, der an der Technischen Universität in Ilmenau im Personaldezernat tätig war, in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet. Seine Frau hatte noch einige Monate zu arbeiten. Wann also, wenn nicht jetzt?

Am 31. März ging es los. Und zwar von Eisenach aus, weil er die Strecke in Thüringen bereits im Herbst des Vorjahres bei einem „Probepilgern“ gelaufen war. Zuvor holte er sich in der Messe in seiner Katholischen Gemeinde St. Elisabeth den Pilgersegen, die Familie brachte ihn in Arnstadt zum Zug.

Ohne Sprachkenntnisse durch ganz Frankreich

„Ich war völlig naiv und hatte nicht mal Karten von Frankreich dabei“, erinnert sich Heimbert Fleischer. Und: Er spricht kein Französisch. So manche Suche nach einer Unterkunft gestaltete sich deshalb schwierig. Aber er traf immer wieder Mitpilger, die halfen, nutzte Hände und Füße und eine Übersetzungs-App im Mobiltelefon.

In das tippte er nahezu täglich seine Erlebnisse. Wenn keine Zeit war, meldeten sich Freunde und Familie und fragten, was los ist. „Der weite Weg“ hat er seinen Reiseblog überschrieben, reich bebildert mit Fotos von hübschen Städten und verträumten Dörfern, Landschaften, menschlichen und tierischen Begegnungen. Und immer wieder finden sich Kirchen, die berühmte Jakobsmuschel und Statuen des Heiligen Jakobus. „Jeden Tag habe ich an einer Kirche Halt gemacht und das Lied ‚Wer nur den lieben Gott lässt walten‘ gesungen“, erzählt er.

Es gibt Krisenpilger und Neustarter, weiß der Arnstädter. Er zählt sich eher zur Gruppe der Übergangspilger und „Bilanzierer“ und ist den Weg auch gegangen im Gedenken an Menschen, die ihm viel bedeuten, wie sein 2018 verstorbener Vater und jene beiden Niederländer, die nicht mehr leben. Manchmal war es einsam, häufig fanden sich Begleiter aus aller Herren Länder. Nicht vergessen sind die Blasen und dass er sich zwei Paar Schuhe kaufen musste, weil die Sohlen durch waren.

Nur sehr selten habe es geregnet. Man spüre den Klimawandel, sagt Heimberg Fleischer. In Deutschland übernachtete er in Hotels und Pensionen und manchmal auch bei Pfarrgemeinden. In Spanien leben ganze Dörfer vom Jakobsweg und verfügen über Herbergen.

Acht Kilo nahm der ohnehin schlanke und sportliche Mann ab. 107 Tage war er unterwegs, davon ist er 105 Tage sieben bis acht Stunden gelaufen. Mehr Ruhetage gingen nicht, da ihn Mitte Juli Frau, Kinder und Enkel während ihres Urlaubs in Empfang nehmen wollten. Er kam wie geplant in Santiago de Compostela an und stand vor der berühmten Kathedrale.

„Ich habe viel mehr Vertrauen in mich selbst und bin gelassener geworden“, sagt er heute rückblickend. Und dass er sich stets gut behütet fühlte.

Heimbert Fleischer berichtet vom Pilgern am 5. November, 19 Uhr, und 6. November, 14.30 Uhr, im Katholischen Gemeindehaus, Arnstadt, Krappgartenstraße 2 a