Arnstadt. Geschäfte und öffentliche Einrichtungen in der Region können mit einer Plakette sichtbar machen, dass vierbeinige Helfer willkommen sind.

Remo liegt in der Stadtbrauerei ganz ruhig neben seinem neuen Frauchen. Die beiden sind gerade dabei, sich aneinander zu gewöhnen. Der 19 Monate alte Labrador-Retriever ist der zweite Blindenführhund, der für Sibylle Brandt in Arnstadt ausgebildet wurde. Hund Nummer 1 geht in den Ruhestand und bleibt weiter ein Familienmitglied.

Auch mit Remo stimmt die Chemie, hat die 60-Jährige schnell gespürt. Sie erkrankte bereits vor vielen Jahren an Makuladystrophie. Der Mittelpunkt des Sehens löst sich bei ihr langsam auf, sie verliert schleichend ihre Sehkraft. Remo soll ihr weiter durch den Alltag helfen. Gerade läuft der Einarbeitungslehrgang gemeinsam mit Nadja Uloth von der Blindenführhundschule Boldhaus.

Bevor das Trio am Wochenende gemeinsam nach Veitshöchheim in Unterfranken fuhr, wo Sibylle Brandt zu Hause ist, rührte die engagierte Frau die Werbetrommel für die Aktion „Assistenzhund willkommen“. So knüpfte sie Kontakt zur Gleichstellungs- und Behindertenbeauftragten der Stadt Arnstadt, Angelika Kowar. Brandt ist Mitglied und Botschafterin des Vereins Pfotenpiloten e. V., der die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Zutrittskampagne unterstützt.

Warnhunde helfen auch bei Epilepsie

Es gibt neben Blindenführhunden unter anderem auch Epilepsie-Warnhunde und Diabetes-Schnüffelhunde. Die speziell ausgebildeten Vierbeiner können Medikament holen, Alarm schlagen, schützen und beruhigen, bei Traumastörungen Krisen unterbrechen. Kinder mit Assistenzhund benötigen oft keinen Schulbegleiter, damit sparen Kommunen sogar Geld, erklärt die Pfotenpiloten-Botschafterin.

Während Blindenführhunde im Alltag inzwischen weithin akzeptiert werden, ist das bei anderen Begleithunden für behinderte Menschen nicht überall der Fall. „Bisher werden auch nur Blindenführhunde von den Krankenkassen bezahlt“, erklärt Sibylle Brandt. Andere Assistenzhunde müssten häufig von den Familien selbst oder über Spenden finanziert werden. Vereine wie die Pfotenpiloten wollen das ändern, denn laut UN-Menschenrechtskonvention hat jeder Mensch ein Recht auf „tierische Assistenz“. Deshalb setze man sich für einen Rechtsanspruch auf Assistenzhunde und für eine einheitliche Kennzeichnung ein.

Aufklärungsarbeit in Geschäften wichtig

Die Zutrittskampagne wirbt um Anerkennung und Unterstützung. Weil Assistenzhunde häufig nicht in Geschäfte gelassen werden, müsse man Aufklärungsarbeit betreiben, sagt Sibylle Brandt. Überall da, wo Menschen in Straßenkleidung willkommen sind, dürfen normalerweise auch Assistenzhunde mit hinein. In Arnstadt gibt es bei Blindenführhunden keine Probleme, weiß Nadja Uloth. In kleineren Städten und auch in Dörfern sehe es da schon anders aus.

Im Ilm-Kreis-Center hatten Nadja Uloth und Sibylle Brandt bereits Erfolg, dort wurde an einigen Ladentüren in der vergangenen Woche „Assistenzhund willkommen“-Aufkleber angebracht. Man wolle auch Arztpraxen gewinnen und öffentlichen Einrichtungen kennzeichnen, sagte Angelika Kowar, die die Aktion gern unterstützt. Bei ihr im Arnstädter Rathaus kann man weitere Informationen erhalten.