Wort zur Wochenwende und zum Pfingstfest von Pfarrer Michael Gabel aus Ichtershausen

Babylon und Pfingsten! Die Katastrophe der Globalisierung und der Traum universaler Ver-ständigung. Beide haben miteinander zu tun. Jäher Absturz und legendäre Wendung auf Rettung hin. Doch der Reihe nach.

Babylon ist viel älter als sein Film. Babylon war die Mega-City der Vorzeit. Wir wissen von dieser Stadt aus der Urgeschichte der Bibel. Wie heute überstürzte sich schon damals der Wahn der Großmannssucht. Wie im Fieber wird an einem Großprojekt nach dem anderen gearbeitet. Einig im Ziel schneller – weiter – höher entstand ein Wolkenkratzer nach dem anderen, die Türme zu Babel.

Alle sprachen die Sprache des Erfolgs und Gewinns. Reichtum winkte, ließ alle Warnungen vergessen. In diese Gigantomachie brach die Katastrophe. Nichts ging mehr. Plötzlich hatte jeder ein anderes Ziel. Nachbarn und Kollegen von einst wurden zu Konkurrenten, zu Wegfressern von Nahrung und Wohlstand. Überall nur Neider und Volksschädlinge, keine gemeinsame Sprache mehr. Die Kriege begannen, die Hungersnöte und der Kampf um Wasser. Aus Not wurden Krankheiten zu Katastrophen. Leichenberge. Die Bibel erzählt einen Mythos und stellt ihn an den Anfang der Geschichte. Sie will sagen, so ist es immer, wenn die Großmannssucht die Menschheit ergreift. An ihrem Ende steht die Verwirrung, die Angst, der Tod.

Auch die Corona-Pandemie ist eine Babylon-Geschichte. Wir haben in Industrie, Landwirtschaft, Verkehr jede Grenze vergessen. Jetzt holen sie uns ein. Plötzlich erwächst eine Bedrohung, gegen die es bisher kein Mittel gibt.

Die Antwort ist Pfingsten, wieder eine Erzählung der Bibel, diesmal aus der Geschichte nach Jesu Tod und Auferstehung. Seine Anhänger hatten Jesu Hinrichtung als Katastrophe erfahren. Alles ist aus. Sie schlossen sich aus Angst in Räumen ein. In die Isolation und Todesangst kam Pfingsten. Die Bibel erzählt es als einen gewaltigen Sturm, der die Mauern niederriss, Angst und Verwirrung wegfegte und in ihren Herzen einen großen Mut entfachte. Dieser Sturm war guter Geist, der sich aus dem Vertrauen auf Gott nährte. In den Menschen entzündete er die Zuversicht: Wir können neu beginnen. Zu diesem Geist gehörte die Erfahrung, dass jeder Mensch, egal ob er aus dem eigenen oder einem fremden Volk stammte, diese Botschaft verstand. Indem sie einander die Hand reichten, erfuhren sie die ungeheure Stärke der Gemeinschaft, die nicht durch Abgrenzung, sondern aus der Verbindung mit Gott erwächst.